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Die Rechte verzeiht keine Fehler

■ Italiens Neofaschistenführer Fini steckt in der Krise

Rom (taz) – Noch vor wenigen Monaten schien alles auf ihn hinauszulaufen: Während der Sezessions-Festivitäten der Liga Nord füllte Gianfranco Fini mit seiner „Nationalen Allianz“ in Mailand die Plätze mit Gegendemos, im November spendete ihm eine halbe Million Menschen auf der römischen Protestkundgebung gegen die Regierung tosenden Beifall, und die Industriellenverbände betrachteten ihn mit unverhohlener Sympathie: Fini for president.

Doch inzwischen hat sich der Stern des vormaligen Senkrechtstarters – der 1993 völlig überraschend beinahe Oberbürgermeister von Rom geworden wäre und seine neofaschistische Partei 1994 erstmals in eine Regierungskoalition brachte – erheblich verdunkelt: Selbst aus dem eigenen Lager regt sich nicht nur vereinzelte Kritik an ihm. Zeitungen seines Seniorpartners Silvio Berlusconi feuern regelrechte Breitseiten gegen ihn: „Fini: Hinter den Worten – nichts“, betitelte Panorama einen Artikel von Vittorio Feltre, Chefredakteur von il Giornale: Der Mann sei seinerzeit wohl „lediglich auf der Protestwelle nach dem Kollaps der tradtionellen Regierungsparteien hochgegurgelt“, ansonsten habe er höchst verschwommene Ideen, sei „taktisch eine Null, vom politischen Gespür her ein Versager“.

Zum Verhängnis wurde Fini vor allem sein zähes Nein zur Einsetzung einer Parlamentskommission zur Verfassungsreform: Fini wollte vom Volk eine eigene verfassunggebende Versammlung wählen lassen, weil er so das von ihm angepeilte Präsidialsystem einrichten zu können glaubte. Doch davon setzte sich sein eigener Bündnispartner Berlusconi schnell ab – er hofft nach seiner Zustimmung zu der von der Mitte-Links-Koalition bevorzugten Kommission auf Amnestie für seine Korruptionsprozesse.

Fini suchte die Rechte bis zuletzt auf seinen Kurs zu zwingen – doch dann knickte er plötzlich vor Berlusconi ein, übte gar Selbstkritik und ist nun mit der Parlamentskommission einverstanden. Das aber entfremdet ihm nun auch noch all jene, die ihn bisher gerade wegen seines ostentativen Festhaltens am Wahlversprechen geschätzt hatten. Daß damit Berlusconi nun plötzlich wieder die Nummer eins der Rechten ist, freut wiederum die Mitte-Links-Koalition: Der Medienzar hat so viele Prozesse am Hals, daß er als Oppositionsführer kaum etwas ausrichtet.

Dabei hatte Fini aus der Sicht seiner Partei gar nicht so unrecht: Er sieht Berlusconi immer stärker zu einer Koalition mit den Linksdemokraten driften, mit dem Ziel einer langlebigen großen Koalition, wie dies früher Christdemokraten und Sozialisten praktiziert hatten. Die äußerste Rechte wie die äußerste Linke würden von der Macht ausgeschlossen – und müssen sich daher beizeiten mit einem akzentuierten Alternativprogramm profilieren. Die linke rifondazione comunista macht dies seit einiger Zeit glänzend vor: Sie unterstützt zwar die Regierung in vielen Punkten, schießt aber immer mal wieder quer – wie vergangenen Mittwoch, als ihre Abgeordneten der Regierung plötzlich in einer Routineabstimmung die Gefolgschaft verweigerten.

Doch tatsächlich ist Programmatik Finis Sache nicht, sieht man einmal von seiner fixen Idee des Präsidialsystems ab. Der erst 45 Jahre alte Polit-Youngster hatte nur so lange ein erkennbares Programm, als seine Partei sich nostalgisch-neofaschistisch geben konnte. Mit der Transformation in die „Nationale Allianz“ 1995 sollte die Öffnung zur Mitte geschehen – doch dabei kam notwendigerweise das eigene Profil abhanden. Und so zeigt die Partei denn selbst in den traditionell von ihr „gepachteten“ Fragen kaum moderne Lösungen. So ist der „moderate“ Nationalismus, den die Partei in Alternative sowohl zum kritiklosen Drang der Mitte-Links-Koalition in die Europäische Union wie auch zu den Sezessionsbestrebungen des Nordens setzt, bei Fini zur blutleeren Formel „Die Einheit Italiens ist unantastbar“ geronnen – statt sich etwa jenem Föderalismus zu öffnen, den sich inzwischen mehr als zwei Drittel aller Italiener als moderne, effiziente Staatsform vorstellen. Werner Raith

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