■ Rinderwahnsinn: Wie BSE nach Deutschland kam
: Vom Schlechten des Guten

Intensivproduktion ist schlecht fürs Tier. Diese Lektion lernt die Nation seit BSE so schnell wie noch nie. Massentierhaltung, keine Weide, dafür Kraftfutter – bis hin zur Verfütterung von Knochenmehl an den Pflanzenfresser Rind –, das bringt Höchstleistungen. Und hohen Medikamenteneinsatz und Rückstände in Milch und Fleisch. Resistente Erreger lassen grüßen. Und inzwischen auch BSE. Wer schlau ist, kauft also vom Biobauern.

Die sind immerhin auf dem richtigen Weg: weniger Kraftfutter, dafür Weidehaltung. Und häufig findet mensch bei den Ökos auch die weniger hochgezüchteten Rinderrassen, wie zum Beispiel Galloways. Robust, sommers wie winters auf der Weide, genügsam. Die machen aus Gras und Heu Milch und Fleisch. Ohne Kraftfutter. Da ist das Fleisch zwar teurer, aber reduzierter Fleischkonsum ist eh gesünder. Da darf der Sonntagsbraten auch etwas mehr kosten.

Gesundes Fleisch nur von gesunden Tieren – ist das nun seit gestern alles falsch? Zumindest auf den ersten Blick in Deutschland. Hier stammen 100 Prozent der nachgewiesenen BSE-Fälle von sogenannten Extensivrassen. Aber die deutsche Wirklichkeit täuscht, denn insgesamt liegt die Zahl der an BSE erkrankten Extensivrinder unter 0,1 Prozent. Erst der Blick nach Großbritannien bringt Aufklärung: Dort sind über 95 Prozent der zirka 160.000 bis heute an BSE erkrankten Rinder reine Milchleistungskühe. Diese Intensivrassen sind mit Tierknochenmehl gefüttert worden, aber in der Regel nicht die häufig extensiv gehaltenen Fleischrassen. So verwundert es nicht, daß in Großbritannien bisher weniger als zwei Prozent der BSE-Rinder von Fleischrassen stammen und ein noch geringerer Teil von Extensivrassen – darunter zehn Galloways. Aber Rinder dieser Fleischrassen sind für den Export gepäppelt worden. Mit Kraftfutter und Tierknochenmehl. So kam BSE nach Deutschland.

Bundeslandwirtschaftsminister Borchert sagt: Alles unter Kontrolle. Sämtliche aus Großbritannien nach Deutschland importierten Rinder müßten getötet werden und vielleicht auch deren Nachkommen. Aber es gibt in Deutschland keine Gefährdung für die KonsumentInnen, die diesen Aktionismus rechtfertigt. Mit dem Töten würden wir eine Chance vertun. Denn nur eine Beobachtung unter Quarantäne läßt wissenschaftliche Aussagen über die Ausbreitung von BSE in Deutschland zu. Das wäre die Kosten wert.

Es ist schon eine Ironie des Schicksals, daß man im Augenblick vor lauter Schlechtem das Gute nicht mehr sieht. Aber Intensiv bleibt schlecht und Öko bleibt gut – schlag nach bei Watzlawick. Anita Idel

Die Autorin ist Tierärztin und Publizistin