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Verklumpte Verzögerung

■ „The Land of Rape and Honey“ auf Kampnagel

Vier Männer singen einen Schlager mit. Eine Frau kichert synchron zu einem Gelächter vom Tonband. Geklimperte Dusch-Musik verklumpt zu einem kraftvollen Industrial-Stück. Dazu schraubt eine Tänzerin ihren Körper über die Bühne. Jede ihrer zufällig wirkenden Armbewegungen gipfelt in einer körperlichen Entdeckung. Jede Rotation ein weiteres Stück befreiter Raum. Breit und stark wird ihr Körper, und kein stereotypes Geschlechter-Korsett will ihr mehr passen. Gleich daneben schält eine Frau Orangen, füttert den Mann, auf dem sie sitzt und kann nicht damit aufhören. Eine spannende und kontrastreiche Sequenz endet bald in allzu vertrauten Ironiemustern von Mütterlichkeit und familialer Fürsorge, von Fruchtbarkeitsvergötterung und schnöden Sexismen. Man züngelt frau ehrerbietend und lüstern zugleich über die Füße, lüpft Röcke, peitscht Hintern, tröstet sich im Gewitter, lacht im Sonnenschein. Und am glücklichsten bleibt die, die sich im wilden Tanz selbst umarmt.

Dem israelischen Choreographie-Duo Liat Dror und Nir Ben Gal geht es in ihrer neuen Produktion The Land of Rape and Honey, die am Mittwoch auf Kampnagel gezeigt wurde, um eine ironische Spiegelung verwirrter Geschlechterrollen in ihrem Land. Doch die Klischee-Sammlung aus Musik und Bewegung wird schnell selbst zum Klischee. Ist die Musik mit arabischen Schlieren durchsetzt, eiert eine Frau mit den Hüften, formieren sich Männer zu schwülen Balzreigen. Dazwischen hebt ein Faktotum auf der Suche nach verlorener Liebe, vorbewußter Leichtigkeit und dem Pflaster religiöser Heilslehre regelmäßig zum Klage-Refrain an. Dann wieder Rituale aus Annäherung und künstlicher Verzögerung, Wechselspiele aus Demütigungen und Begehren.

So viele Geschichten will die Gruppe erzählen, doch dann gehen ihr Sprache und Rätsel aus. Geschlechtlichkeit und Geschlecht werden mit dem immergleichen Bewegungsvokabular buchstabiert. Die gebetsmühlenartige Beschwörung eines High Noons der Stereotypen, ein wundgetanztes Rondo. Birgit Glombitza

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