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Familien vergessen

■ Hessens Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) lehnt Mehrwertsteuererhöhung ab

taz: Herr Ministerpräsident, die Eckdaten der Steuerreform liegen vor. Ist das nun der angekündigte große Wurf oder nur ein Nullsummenspiel?

Hans Eichel: Was erkennbar ist, und da will ich einmal mit etwas Positivem anfangen, ist die Chance für eine Entlastung ganz unten, wobei wir gerne ein höheres Existenzminimum freigestellt gesehen hätten. Das gilt für die SPD wie für die Grünen. Und dann hätten wir nach den 18.000-Mark-Jahreseinkommen mit Mindeststeuersatz nicht so hart zugegriffen. Da geht es ja gleich mit 22 Prozent weiter.

So richtig entlastet werden ja wohl die Spitzenverdiener mit einem Steuersatz von nur noch 39 Prozent.

Jenseits der 100.000er-Grenze wird die Steuerentlastung enorm sein. Doch zwischen denen, die nur noch den Mindeststeuersatz zahlen müssen, und denen, die Spitzenverdiener sind, ist überhaupt noch nicht ausgemacht, ob es tatsächlich Entlastungen gibt. So sollen jetzt ja auch die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit und für Nachtarbeit steuerpflichtig werden – ganz zu schweigen von den gekürzten Freibeträgen. Da müssen einige vielleicht unter Umständen sogar draufzahlen. Fest steht auch, daß es bei dieser Reform überhaupt keine familienpolitische Komponente gibt. Im Gegenteil: Die Entlastungswirkung ist bei den Singles weitaus höher als bei den Familien. Und es wird auch zu einem massiven Ausfall bei der Kirchensteuer kommen. Das wird Konsequenzen für die sozialen Einrichtungen der Kirchen im Lande haben. Die Kirchen werden den Kommunen die Kindergärten vor die Füße werfen.

Nun soll die Reform durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kompensiert werden. Wird das die SPD mittragen?

Nein. Die Gegenfinanzierung muß durch die Reform der Einkommensteuer selbst gewährleistet werden. Uns geht es um eine gerechtere Gestaltung der Einkommensteuer. Durch Abschreibungsmöglichkeiten und Steuerschlupflöcher ist die veranlagte Einkommensteuer von 1991 bis 1996 von 41 Milliarden auf 16 Milliarden zurückgegangen. Diese Löcher müssen gestopft werden.

Was bedeutet das für die Haltung der SPD im Bundesrat?

Unsere Position ist vollkommen klar: zur Gegenfinanzierung der Einkommensteuerreform keine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Wir werden nicht akzeptieren, daß die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die alle zahlen müssen, der Finanzierung der Senkung der Spitzensteuersätze dient. Das ist doch ein abenteuerlicher Vorgang. Interview: K.-P. Klingelschmitt

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