Berufskiller in Afrikas „Welt der Abenteuer“

■ Die Führer der Ausländer, die heute gegen Rebellen in Zaire kämpfen, standen Mobutu schon vor dreißig Jahren an der Seite: Kleine Geschichte des Söldnerunwesens in Afrika

Das Söldnerphänomen in Zaire ist so alt wie das Land selbst. Als im Juli 1960 das damalige Belgisch- Kongo unter dem Radikalenführer Patrice Lumumba unabhängig wurde, kämpften die europäischen Kolonialmächte mit Söldnerheeren gegen die angebliche kommunistische Bedrohung. Die ersten trafen im Herbst 1960 in der mineralienreichen Südprovinz Katanga ein, die sich gerade unter Führung des prowestlichen Moise Tshombe abgespalten hatte. Es waren vor allem Belgier, darunter der heute wieder in Zaire tätige Kapitän Christian Tavernier.

Unter den Berufssoldaten in Katanga befand sich damals auch der Franzose Gilbert Bourgeaud, genannt „Bob Denard“. Frankreich unterstützte die Sezession Katangas genauso wie Südafrika und Rhodesien, die von der Ausdehnung ihres Apartheid-Empires nach Norden träumten und eigene weiße Söldner schickten. Deren Befehlshaber war der Ire „Mad Mike“ Hoare, ein ehemaliger Major der britischen Kolonialarmee in Indien. Mit ihm kämpften Portugiesen, Italiener und ein polnischer Spitzenpilot der britischen Luftwaffe namens Jean Zumbach. Die 600 bis 700 weißen Soldaten hielten fast drei Jahre gegen die UNO- Blauhelme aus, die zur Wahrung der Einheit des Kongo entsandt worden waren.

Erst 1963 wurde die katangische Sezession niedergeschlagen. Die Söldner fanden schnell eine neue Beschäftigung. Tshombe, nun Premierminister des wiedervereinigten Kongo, holte sie zur Hilfe gegen die Anhänger des ermordeten Patrice Lumumba, die genau wie heute im Osten gegen die Zentralregierung kämpften – schon damals unter Führung des heutigen Rebellenchefs Laurent Kabila. Mike Hoare, Bob Denard und Christian Tavernier kämpften zusammen mit deutschen Wehrmachtsveteranen wie Siegfried Müller, Gerd von Blottnitz und Georg Krahl. Tavernier leitete ein Bataillon, das das Goldfördergebiet von Kilo-Moto zurückeroberte. Heute hat er sein Hauptquartier an fast der gleichen Stelle aufgeschlagen wie damals.

Die weißen Soldaten waren Berufskiller mit dem Hang zum Psychopathen. Einer erzählte dem belgischen Journalisten Jacques Burlion, wie Rebellen lebendig verbrannt wurden und wie einer der Söldner abgeschlagene Köpfe sammelte. Insgesamt waren die 800 Söldner die Speerspitze der von einem gewissen Mobutu geführten kongolesischen Armee. Aber als die Drecksarbeit im Kivu erfolgreich erledigt war, ging das Abenteuer schief. Die USA sahen die Söldnertruppe und ihren Gönner Moise Tshombe als Marionette Belgiens und Frankreichs an und halfen Mobutu, seinen Teil der Armee gegen Tshombe zu stärken. Mobutu wurde 1966 Staatschef und ließ Tshombe entführen, woraufhin der Söldner Jean Schramme und sein „Leopard-Bataillon“ im Juli 1967 einen eigenen Aufstand begannen. In der Stadt Bukavu an der Grenze zu Ruanda hielten sie bis November aus.

Der Schauplatz verlagerte sich Ende 1967 nach Nigeria, wo sich die Geschichte des Kongo zu wiederholen schien: Der ölreiche Südosten spaltete sich unter dem Namen „Biafra“ ab, und es kam zum Krieg. Beide Seiten waren Stellvertreter für ausländische Interessen: Sowjets und Briten und der Ölkonzern Shell auf der Seite der Zentralregierung, Frankreich und der Ölkonzern Elf auf seiten Biafras. Der Führer Biafras, General Ojukwu, rekrutierte Kongo-Veteranen wie Jean Zumbach. Bob Denard besorgte Waffen für Biafra. In Nigerias Armee kämpfte Mike Hoare.

Nach drei Jahren verschwand Biafra ebenso von der Landkarte wie zuvor Katanga. Danach hatten Söldner in Afrika wenig Glück. 1978 aber errang das Söldnerwesen seinen spektakulärsten Erfolg in Afrika – auf den Komoren-Inseln im Indischen Ozean. Bob Denard leitete einen Putsch gegen Präsident Ali Soilih und war von 1978 bis 1989 der eigentliche Herrscher auf den Komoren. Er umgab sich mit Katanga-Veteranen und machte die Inselgruppe zur Drehscheibe für die südafrikanische Aufrüstung der mosambikanischen Guerillatruppe „Renamo“. Südafrika durfte auf den Inseln auch eine Abhöranlage installieren. In den Augen Frankreichs ging das zu weit. Paris ermutigte Präsident Ahmed Abdallah, seinen beschwerlichen Beschützer loszuwerden. Es kam andersrum: Im November 1989 wurde Abdallah in Gegenwart Denards in seinem Büro erschossen. Denard floh dann nach Südafrika.

Aus Südafrika kommt heute auch die Söldnerfirma „Executive Outcomes“, die von Angola bis Sierra Leone Regierungen zum Sieg über Rebellen verholfen hat (siehe taz vom 15.1.97). „Executive Outcomes“ (EO) ist Teil der Holding „Strategic Resources“ mit zwanzig Filialen, zum Beispiel die Fluglinien „Capricorn Air“ und „Ibis Air“, die Energiefirma „Heritage Oil & Gas“, die Politikberatung „GJW Government Relations“ und die Bergbaugesellschaften „Branch Mining“ und „Branch Energy“. Letztere blieben auch in Angola aktiv, nachdem die südafrikanische Regierung die EO-Söldner abzog.

EO ist nicht allein. Britischen Presseberichten zufolge hat der ehemalige südafrikanische Polizeiattaché in Angola, John Smith, eine eigene Firma namens „Omega Support Ltd.“ aufgebaut, die Rebellengruppen berät – unter anderem die zairische AFDL. Da wäre auch die Firma „Military Professional Resources Inc.“, unter deren zweitausend Mitarbeitern sich US-Armeeveteranen befinden und die 1995 mit der Regierung Angolas einen Vertrag über Militärhilfe abschloß.

Das Söldnerwesen in Afrika ist eine Wachstumsbranche. Und Zaire zeigt, wie sich „alte“ Strategen wie Denard und Tavernier mit „neuen“ Anbietern zusammentun. In ihrer Januarnummer lädt die US-Zeitschrift Soldier of Fortune ihre Leser ein, „die Welt der Abenteuer“ zu entdecken. Illustriert ist das mit einer Landkarte von Afrika. François Misser