Außerirdische unter sich

■ betr.: „Warum ich einmal DKP ge wählt habe“ (Schlagloch) von Friedrich Küppersbusch, taz vom 22. 1. 97

Lieber Herr Küppersbusch, es macht mir große Freude, Ihren Artikel gelesen zu haben und Sie dennoch enttäuschen zu müssen; aber niemand anderes als Sie selbst werden es sein, der verantwortlich ist, daß ich mich nach all den Jahren in Velbert oute: Denn niemand anderes, als ich selbst, war es, der damals im Wahljahr 1972 für eine Organisation votierte, die den Namen „DKP“ trug.

Ich weiß nicht mehr, wer es war, der mich damals als Student in der „intergalaktischen Hochschule für Menschenkunde“ auserwählte, meine Diplomarbeit über die Vorgartenkultur der Menschen in Velbert schreiben zu müssen. Ehe ich mich versah, wurde ich auf die Erde in einen trostlosen Ort gebeamt. Ich fand ein Zimmer in der Herforder Straße und war unendlich einsam. Zwei Menschenlebewesen waren es, die mir in Velbert auffielen, die einzigen, an die ich mich bis heute noch erinnern kann: eine alte Dame mit beige-grauem Trenchcoat und ein Junge mit abstehenden Ohren und schütterem Haar.

So vereinsamt wie ich war, flatterte mir eines Tages eine Aufforderung „zur Teilnahme an der Wahl des Deutschen Bundestages“ in den Briefkasten. Was tun? fragte ich mich und erinnerte mich des Plakatständers im Vorgarten „Wählt DKP“. Ich war mir unsicher, vermutete aber, daß sich hinter dem Kürzel die „Deutsche Kosmische Partei“ verhalten würde, und da fühlte ich mich wieder zu Haus. Als ich zum Wahllokal ging, begegnete mir wieder der Junge mit den abstehenden Ohren. So, wie der aussah, mußte es sich auch um einen Außerirdischen handeln. Ich beobachtete ihn. Er ging in die Wahlkabine und mit meinem Röntgenblick konnte ich ihn verfolgen. Ja. Ich sah, wie er, scheinbar im geheimen, ein Kreuz bei den Buchstaben DKP machte. Und erst jetzt fühlte ich mich sicher: Außerirdische unter sich.

Schade, hab ich später gedacht, als ich begriff, was sich hinter diser „K“-Gruppe verbarg. So fürchte ich, daß es nach dem Tod der alten Dame in Velbert keinen einzigen wirklichen Kommunisten in Velbert gegeben hat, es sei denn, wir, wir beide werden ihn finden. Ich bin optimistisch. Ich warte auf Sie unter folgender Deckadresse: Theater Nordhausen, Prof. Dr. Christoph Nix, Käthe-Kollwitz- Straße 15, 99734 Nordhausen. Christoph Nix, Intendant