CDU kämpft gegen lesbische Namenspatronin

■ Die Charlottenburger VHS soll nach Charlotte Wolff benannt werden

Eine Lesbe als Schulpatronin? So manchem selbsternannten Sittenhüter kräuseln sich bei dieser Vorstellung die Nackenhaare. Doch die Charlottenburger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hat sich in einem Beschluß über diese Spezies von Bedenkenträgern hinweggesetzt. Das Kolleg der Volkshochschule (VHS) Charlottenburg, das SchülerInnen auf dem zweiten Bildungsweg zum Abitur führt, soll den Namen von Charlotte Wolff tragen. Die Ärztin, Jüdin und Lesbe hatte während der zwanziger Jahre in Berlin die erste Klinik für Schwangerschaftsunterbrechung in der Weimarer Republik aufgebaut.

Mit der Umbenennung betraut ist Bildungsstadtrat Andreas Statzkowski (CDU). Aber der hat Bedenken. „Rein formale“, wie er sagt. Es sei unklar, so Statzkowski, ob der Bezirk oder der Senat für die Umbenennung zuständig sei. Um eine Klärung habe er nun schon zum zweiten Mal schriftlich bei der Senatsverwaltung für Schule gebeten – ohne Ergebnis.

Sowohl im VHS-Kolleg, dessen Gesamtkonferenz sich bereits im Sommer 1995 auf Charlotte Wolff als Namensgeberin geeinigt hatte, als auch in der Charlottenburger Fraktion der Bündnisgrünen wird Statzkowskis Suche nach Klarheit als Verzögerungstaktik des Stadtrats ausgelegt. „Er schickt den Vorgang in die Warteschleife und hofft, daß uns die Luft ausgeht“, kommentiert ein Lehrer des Kollegs. Und der bündnisgrüne Fraktionsvorsitzende in Charlottenburg, Claudio Struck, merkt an: „Das ist ein Possenspiel. Dabei weiß Statzkowski, daß er um die Umbenennung nicht herumkommt.“

Oberschulrat Karlheinz Lau, beim Schulsenat zuständig für Fragen des zweiten Bildungswegs, zeigte sich verwundert. Eine erneute Anfrage aus Charlottenburg liege ihm nicht vor. Eine solche hält er auch für überflüssig, denn bereits im vergangenen August teilte er dem Kolleg in einem Brief mit, daß die Namensgebung Angelegenheit des Bezirks ist. „Wir haben nichts gegen die Umbenennung“, bestätigte Lau auf Anfrage.

Statzkowski hält die Formulierung in Laus Schreiben, daß „zunächst der Bezirk als Schulträger zuständig ist“ für nicht eindeutig. Den Vorwurf, er wolle eine Lesbe als Namenspatronin einer Charlottenburger Schule verhindern, wiegelt er ab: „Darum geht es gar nicht, es gibt eine Entscheidung der BVV, und die pflege ich zu respektieren.“ Das Charlottenburger Parlament scheint daran Zweifel zu hegen. Jedenfalls bedauerte es Ende Dezember „ausdrücklich die schleppende Umsetzung des BVV-Beschlusses vom 19. 9. 1996“ und forderte den Stadtrat auf, die Umbenennung „sicherzustellen“.

„Wir erwarten, daß der 5. März als Termin eingehalten wird“, bekräftigt Reinhard Naumann, Fraktionsvorsitzender der Charlottenburger SPD. Für diesen Tag ist im Rahmen des Charlottenburger Frauenfrühlings die Eröffnung der Ausstellung „Augenblicke verändern uns mehr als die Zeit. Erinnerungen an Charlotte Wolff“ im VHS-Kolleg geplant. Monika Hinner