Sicherheit fürs traute Heim

■ Bundestagsabgeordnete brauchen sich über morsche Türen und undichte Fenster nicht zu sorgen. Wenn es der Gefahrenabwehr dient, übernimmt der Staat die Kosten

Volksvertreter leben gefährlich, vor allem die Bundestagsabgeordneten. Zum Beispiel der PDSler Hans-Peter Hartmann: Sein Wahlkreisbüro im Bezirk Köpenick wäre kürzlich beinahe in Flammen aufgegangen. Aber Hartmann hatte Glück. Eine alte Dame sah den brennenden Müll hinter dem Fenstergitter und löschte beherzt das Feuer. Die Ermittlungen des Staatsschutzes zur Sache verliefen im Sande. Hartmanns Trost: Zu Hause wäre ihm so etwas nicht passiert. Schließlich hat das Bundeskriminalamt (BKA) seine in Köpenick gelegene Wohnung auf Sicherheitsmängel überprüft und ihm einen umfassenden Katalog an Verbesserungsvorschlägen unterbreitet. Die Kosten tragen die Steuerzahler.

Egal ob es sich um ein Haus, einen Bauernhof, eine Wohnung im Altbau oder in einer Plattensiedlung handelt: Bei der Sicherung des trauten Eigenheims gegen Einbrecher und politische Feinde greift der Bundestag seinen Mitgliedern großzügig unter die Arme. Jedem der 672 Bundestagsabgeordneten steht dafür das stolze Sümmchen von 32.000 Mark zu, erklärte der Referatsleiter für Sicherheitsfragen im Bundestag, Lutger Bobbert. Einzige Voraussetzung ist, daß der Abgeordnete seine Privatwohnung zuvor von Beamten des BKA „durchchecken“ ließ und deren Verbesserungsvorschläge umsetzt: Verstärkung der Zugänge, bessere Verglasung und Rundumbeleuchtung, so Bobbert, würden am häufigsten empfohlen. Überfallmeldeanlagen und Videoüberwachung hingegen gehören nicht zur Grundausstattung. Die ungleich viel teureren Geräte bekommen nur einzelne Abgeordnete, die in eine der drei Gefährdungstufen eingruppiert sind.

Die 32.000 Mark für Sicherheitsleistungen werden in der Regel nach und nach in kleinen Teilbeträgen ausgeschüttet. Anspruch auf den Betrag hat jeder Politiker nur einmal in seinem Leben, egal wie lange oder wie oft er Bundestagsabgeordneter ist. Für eine Zweit- oder Drittwohnung gibt es laut Bobbert keine zusätzlichen Mittel. Auch nicht, wenn der Bundestag nach Berlin umzieht. Ob sich das nicht noch ändert? „Das kann ich mir angesichts der schlechten Haushaltslage kaum vorstellen“, meint Bobbert.

Der Sicherheitszuschlag fürs Abgeordnetenheim ist ein Relikt der siebziger Jahre. Eingeführt zur „Hochzeit des Terrorismus“ (Bobbert), sollten die Mittel „zur Erhöhung des Widerstandszeitwerts“ eingesetzt werden. Soll heißen: Je länger die Wohnungstür hält, desto mehr Zeit bleibt, um Hilfe zu rufen. Laut Bobbert lassen sich jährlich rund 70 Volksvertreter ihr Zuhause auf Staatskosten ummodeln. Einzig 1995, nach den Anschlägen auf die Häuser der CDU-Bundestagsabgeordneten Köhler, Blank und Breuer, stieg die Zahl auf rund 100 Anträge. Der Grund für die vergleichsweise geringe Nachfrage: Die Regelung wird nicht offiziell publik gemacht. Langjährige Bundestagsangehörige, wie der CDU-Rechtsaußen Heinrich Lummer, der zudem noch zum Kreis der gefährdeten Personen gehört, kennen sich natürlich aus und haben davon schon weidlich Gebrauch gemacht. „Schließlich wurden bei mir schon die Reifen zerstochen und all so 'ne Scheiße“, klagt Lummer.

Der PDS-Abgeordnete Hartmann erfuhr davon durch Mundpropaganda. Dank BKA bekommt er nun endlich in seiner Köpenicker Wohnung bessere Türen und Fenster sowie einen extra Telefonanschluß und einen Lichtschalter, mit dem er die Hausflurbeleuchtung auch von innen bedienen kann. Über die Standardverbesserung freut sich selbstredend auch der Hauseigentümer. Die übrigen PDS-Bundestagsabgeordneten wollen nachziehen, heißt es.

Nur die Grünen kasteien sich wieder einmal selbst, diesmal allerdings gänzlich unfreiwillig. „Schweinerei! Davon habe ich nichts gewußt“, schimpft Christian Ströbele, von 1985 bis 1987 Bundestagsabgeordneter. Auch er hätte in dieser Zeit gern eine kostenlose einbruchssichere Haustür abgestaubt. Und das im Gegensatz zu den meisten anderen auch noch mit Grund: „Schließlich“, sagt Ströbele, „bin ich schon fast eine öffentliche Anstalt, was Drohanrufe und anderen Ärger angeht.“ Plutonia Plarre