Alteigentümer setzen auf Rußland und Europa

■ Die Alteigentümer wollen die Enteignungen in der SBZ in Rußland für nichtig erklären. Auch ein Prüfvorgang der Europäischen Union soll ihnen weiterhelfen

Die Alteigentümer haben die Hoffnung auf den Bundestag weitgehend aufgegeben. Um ihre zwischen 1945 und 1949 enteigneten Grundstücke und Ländereien zurückzubekommen, setzen sie inzwischen vor allem auf „Anstöße von außen“ – seitens der Russischen Föderation, der EU-Kommission oder des Bundesverfassungsgerichts. Ihre Überlegung: Wenn Ausgleichsgesetz und Flächenerwerbsprogramm ohnehin neu beraten werden müssen, dann könnte auch wieder Bewegung in den Konflikt kommen.

Allzu überzeugend ist es jedoch nicht, was die Alteigentümer aufzubieten haben. Da sind etwa die russischen Militärbehörden, die in letzter Zeit immer mehr Opfer ihrer damaligen Besatzungspolitik politisch rehabilitieren. Festgestellt wird dabei beispielsweise, daß eine Verhaftung wegen vermeintlicher NS-Aktivität in Wirklichkeit ohne Grund erfolgte. Über die Enteignungen nach 1945 schweigen sich die Rehabilitationsbescheide in der Regel allerdings aus.

Nur in wenigen Einzelfällen, wie dem des Herzogs von Sachsen- Meiningen, wurde auch die Wegnahme des Eigentums für rechtswidrig erklärt. Daß in solchen Fällen alles mit rechten Dingen zugeht, ist zweifelhaft. „Ob dabei besondere Beziehungen, individuelle Bemühungen oder der Zufall eine Rolle spielen, ist zur Zeit völlig ungewiß“, stellte etwa der CDU-Abgeordnete Horst Eylmann fest, ansonsten ein Unterstützer der Alteigentümer. Der Sachsen-Meiningen-Bescheid ist inzwischen von russischer Seite wiederaufgehoben worden, weil der mit der Sache befaßte Militärstaatsanwalt seine Kompetenzen überschritten hat.

Im Hinblick auf die normalen Rehabilitationsbescheide hat im Dezember der russische Außenminister Primakow klargestellt, daß es dabei nicht um Vermögensfragen gehe. Auch die deutschen Vermögensämter erkennen diese Bescheide bisher nicht als Grundlage für die Rückgabe von enteigneten Ländereien an. Zum zweiten hoffen die Alteigentümer auf die EU- Kommission, die das Flächenerwerbsprogramm für die ostdeutschen Pächter unter die Lupe genommen hat. Sie prüft, ob hier nicht eine unzulässige Subvention vorliegt. Denn vom günstigen Bodenerwerb profitieren eben nicht nur Opfer früherer Enteignungen, sondern vor allem normale Landwirte und Agrarfirmen. Gegenüber dem Verkehrswert sparen sie bei einem Erwerb der bewirtschafteten Flächen rund 60 Prozent. Bis zu 120 Hektar guter Böden können zu diesen Konditionen erworben werden. Bei schlechten Böden steigt die Grenze auf rund 400 Hektar. Bisher gibt es allerdings keine Anzeichen dafür, daß die EU-Kommission das Programm mehr als routinemäßig überprüft. Immerhin war der Flächenerwerb in Ostdeutschland in den letzten 40 Jahren so gut wie unmöglich, was heutige Sonderbedingungen rechtfertigen dürfte.

Als letzten Strohhalm klammern sich die Alteigentümer an das Bundesverfassungsgericht. Erst 1998 will sich das Gericht endgültig mit dem Flächenerwerb und den Ausgleichsleistungen für die Alteigentümer auseinandersetzen. Nach Ansicht von Beobachtern wäre es eine große Überraschung, wenn die Richter doch noch die Revision der Bodenreform anordneten. Christian Rath