„Is' wie bei uns in L.A.“

■ Im Gespräch: Regisseur und Darsteller aus der Groteske „Die Mutter des Killers“

Mit mehr als 40 Kopien startet heute „Die Mutter des Killers“, ein „schmutziger“ kleiner Genrefilm in Schwarz-weiß, auf dem Filmfest München mit dem hochdotierten Hypo-Preis prämiert – und ein gelungenes Beispiel dafür, daß sich mit 430.000 Mark in 15 Tagen Drehzeit ein dichtes Stück Kino drehen läßt. Angesiedelt im schmuddeligen Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg, porträtiert die – als Komödie annoncierte und mit einem stimmigen Grunge-Soundtrack unterlegte – Produktion ein paar überzeugend überzeichnete Charaktere: Den Killer, der sich als Weichei entpuppt; einen Bestatter, der über Leichen geht und die – kurioserweise titelgebende – Mutter des Killers, die ihre ins Kriminelle abdriftende Familie mit eiserner Hand und Mutterwitz im Griff hat. „Mutter des Killers“-Regisseur Volker Einrauch (47) und Hauptdarsteller und Co-Produzent Peter Lohmeyer (35), schon eine Art Maskottchen des neuen deutschen Films, waren vor der Premiere in Bremen.

taz: Zwei kleine Filmproduktionsfirmen – „Glückauf-Film“ (Lohmeyer) und „Josefine Film“ (Einrauch) tun sich mit einer großen Werbefirma – Saatchi & Saatchi – zusammen, um „Die Mutter des Killers“ zu vermarkten. Wie kam das?

Peter Lohmeyer: Ich war vorletztes Jahr auf dem Filmfest Lünen, wo der Fritz Iversen Ävon Saatchi & Saatchi, Red.Ü einen Vortrag gehalten hat über Marketing von Filmen, da war ich schon ein gebrannter ... wie sagt man ... Hund? Ein gebranntes Kind. ÄLohmeyer war auch Co-Produzent des Films „Bunte Hunde“, Red.Ü Ich sprach ihn danach einfach an und sagte, wir haben wenig Geld, und Fritz sagte: Das muß ja nicht unbedingt das Problem sein. Er ist ein Mensch, den es erstmal nicht interessierte, damit Geld zu verdienen, sondern ihn interessierte, nicht immer nur Schokoriegel zu vermarkten. Wie so vielen Menschen gefiel ihm auch der Rohschnitt des Films.

Herr Lohmeyer Sie reisen von einem kleinen Filmfestival zum anderen. Gehört zu den Marketingmaßnahmen auch die Präsenz vor Ort?

Lohmeyer: Ich find das total wichtig, die Präsenz des Kinos auf dem Land oder in den kleineren Städten nicht zu vernachlässigen. Da komme ich sehr gerne hin. Man merkt den Hunger an Personen. Als wir in Kiel in einem Ufa-Kino waren, hat sich die Besetzung in dem Kino so gefreut. Man merkt, wie die ihr Zelluloid lieben.

„Die Mutter des Killers“ ist in Super 16 mm gedreht, dann auf Kinoformat aufgeblasen, in Schwarz-weiß. Ist das einfach billiger oder ästhetische Absicht?

Volker Einrauch: Es war nicht geplant, in Schwarz-weiß zu drehen. Am Anfang ist Schwarz-weiß aber billiger zu produzieren: Man braucht keine Farbabstimmung, und weniger Licht. Aber die rein fotografischen Geschichten sind teurer.

Warum?

Einrauch: Die ganze technische Entwicklung ist in den Farbfilm gegangen. Die Farbfilme sind inzwischen enorm, da kann man inzwischen nur noch mit natürlichem Licht drehen. Die Filme werden in Zukunft ganz anders gemacht werden. Der Schwarz-weiß-Bereich ist verkümmert. Für die Kopierwerke ist es immer ein zusätzlicher Aufwand, deswegen auch teurer. Es ist ein absterbender Ast.

Der Schauplatz Hamburg und die desolate Atmosphäre spielen im Film eine große Rolle. Hättet ihr auch woanders drehen können?

Einrauch: Es gibt in jeder Stadt Ränder mit ihrer ganz speziellen, zersiedelten Kultur ...

Lohmeyer: ... in Köln haben die Leute gesagt, das ist doch Duisburg, die Brücke kenn ich doch. Und in Los Angeles sagte ein Amerikaner: Is' ja wie bei uns ... Und auch im Osten – ob das Rostock oder Dresden ist – werden viele sagen: Aha, guck mal.

Sie haben beide kleine Produktionsfirmen gegründet. Was bringt das? Baut das Ihre Marktposition aus?

Einrauch: Gewiß. Oft haben die Kreativen ja ein sehr stark einzelgängerisches Verhalten, was sie ziemlich unfähig macht, mit anderen zusammenzuarbeiten. Bei uns war's einfach nicht so. Es gibt eine Möglichkeit, frei von Eitelkeiten zusammenzuarbeiten.

Ist „Die Mutter des Killers“ ein Gegenentwurf zur neuen deutschen Erfolgskomödie?

Einrauch: Ich würde sagen, der Mut oder der Impuls, so einen Film zu machen, der hatte schon was damit zu tun, daß wir sagten: Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo die Leute mal was anderes aufnehmen können.

Fördergelder wurden gesperrt und dann wieder ausgeschüttet ...

Einrauch: In Zeiten der Haushaltsverknappung wird das immer öfter passieren, daß es plötzlich heißt: Haushaltssperre, und man steht einen Monat vor dem Dreh. Dann muß man erstmal vorfinanzieren, und für eine kleine Firma ist das ein unheimlicher Eiertanz.

Eine kleine Firma namens „Glückauf-Film“. Nomen est omen?

Lohmeyer: Das ist eine wunderbare Hommage an meine Heimat, dieser Bergmannsgruß „Glück auf!“ – es muß wieder nach oben gehen. Ich hab damals erst im Handelsregister angerufen, ob ich nicht noch Ärger kriege mit irgend 'ner Firma, und die sagten mir: Hörn Se mal, Herr Lohmeyer, die sind hier alle pleite. Was glauben Sie denn. Als ich das in Hamburg anmeldete und da alle Leute sagten: „Glück auf Film.“ So hab ich das noch nie ausgesprochen gehört, da dachte ich: genau richtig.

Herr Einrauch, Sie haben Germanistik, Sprachwissenschaften und Geschichte auf Lehramt studiert. Hat das was genützt fürs Filmemachen?

Einrauch: Bildung kann nie schaden.

Auch, um später noch mal als Lehrer zu arbeiten?

Einrauch: Nee, um Gottes willen, nein.

Fragen: Alexander Musik

„Die Mutter des Killers“ läuft im Filmstudio und im Casablanca (Oldenburg)