Absichtsstrudel, ungenießbar

■ Ein Vortrag im „Architektenhaus“ über „Living Aesthetics“, „Stratas“ und die „Besentheorie“

Als Tina Agiorgiti-Jordan die Yoga-Lehrerin traf, war ihr Leben nicht mehr dasselbe. Alles mußte raus bzw. Klarheit rein in die Wohnung. Die Wohnung, das ist das „ELIKON-Institut für transformierende Bau- und Lebenskunst“, mit Sitz in der Worpsweder Bauernreihe. Tina Agiorgiti-Jordan ist Innenarchitektin und gebürtige Griechin, die den zahlreichen Interessierten im „Architektenhaus“ an der Schlachte vorgestern abend „Living Aesthetics – Vom Wesentlichen in der Innenraumgestaltung“ beibrachte.

U-förmig sind die Stühle angeordnet – „das bringt uns näher zusammen“ – vorn brennt ein Lichtlein, auf einem Tisch dahinter sitzt die junge Tina, und aus ihrem Munde perlen Sätze in hübsch gebrochenem Deutsch. „Living Aesthetics“ könnte so einfach sein, schließlich gibt es ja die „Besentheorie“: Überall dort, wohin der Besen in einem Raum findet, fließt die Energie ungehindert. Wo der Besen stockt – zugestaubte Winkel, Schränke auf zu niedrigen Füßen, Objekte, die hinters Sofa gefallen sind, um dort langsam zu vergammeln –, stockt auch die Energie – und der Mensch fühlt sich unwohl, die Aura nimmt übel.

Damit das nicht passiert, hat sich Tina Agiorgiti-Jordan eine Theorie zurechtgelegt, die sie „manchmal selbst nicht versteht“. Die Theorie ist, wie alles Wesentliche im Leben, dreifaltig: „Stratas“, „Choros“ und „Tropos“ sind Termini für den Grundwortschatz, „intention vortexes“ (etwa: „Absichtsstrudel“) kommt erst später. Tina zaubert einen Strauß bunter Karten hervor, „Stratas“, Schichten: kochen, essen, kommunizieren, schlafen, krank sein sind Schichten. Schlecht ist, wenn die Stratas sich überlagern: „Liebe machen + fernsehen“ zum Beispiel“ oder „essen + gehen“.

„Choros“ bezieht sich auf den Raum; ideal ist ein leerer Raum. Die Japaner machen es uns vor, was wir sogleich im Dia sehen. Leere Räume, nachts liegt ein Futon auf dem Boden, am Fenster ein Baumstumpf als Hausaltar. Der Japaner hat den Baum um Verzeihung gebeten, bevor er ihn gefällt hat, um das Haus zu bauen; den „Geist des Baumes“ adoriert er täglich. Was noch wichtig ist: Farben. Welche Farbe ist günstig zum Verdauen, welche zum Essen, zum Schlafen. Tinas Tip: Wo der Hund sich gern hinlegt, baue man sein Bett. Oder Stoffe: Ein schöner Stoff kann uns gleichwohl schwächen, wenn der Stoff zum Beispiel aus Polyester ist. Immerhin: Die Freude, die wir an dem Stoff haben, gleicht die Schwächung aus. Wir lernen außerdem: Kein Quartzwecker am Bett, lüften vor dem Schlafengehen, Pflanzen helfen gegen schädliche Computerstrahlung!

Überhaupt Intuition. Tina Agiorgiti-Jordan hatte in zwei schlaflosen Nächten eine „klare Botschaft“ bekommen. Wiederum dreiteilig: Wie bringe ich Räume energetisch in Fluß? Was ist Lebensqualität? Und: Schönheit kann heilen; das, sagt sie, „könnt ihr alle spüren“. Nach der Pause Diskussion. Man kennt sich, nennt sich. Was denn so ein typisches Feedback wäre nach dem Besuch eines „Living Aesthetics“-Workshops? „Plötzlich entdecken sie das Putzen“, sagt Tina. Nicht im Domestos-Sinn, nein, zur Herstellung von Klarheit. Eine Dame hat Probleme, alte Fotos wegzuschmeißen. Schließlich seien die ein Stück ihrer Vergangenheit. „Das ist o.k.“, säuselt die transformierende Innenarchitektin, „es ist ein Prozess.“ Eine Andere fragt sich, wie denn Konsens herzustellen sei beim Entrümpeln nach Intuition, wenn der Haushalt aus mehreren Personen bestehe. „Da mußt du den Workshop machen“, sagt Tina.

Den Workshop für „jede und jeden Wohnenden“ (Kostenpunkt 200-350 Mark „nach Selbsteinschätzung“) bieten Tina und Ehemann Harald M. Jordan in der „Akademia Elikon“ zu Worpswede an: „Es wird für jede und jeden ein Kosmogramm erstellt. Bitte genaue Uhrzeit Äder Geburt, Red.Ü beim Standesamt erfragen!“, heißt es in der Workshop-Broschüre. Unentgeltlich gibt Tina Agiorgiti-Jordan uns noch eins auf den Weg: „Frauen sind gut in Intuition“. Und durch Intuition fließt Energie, das „bringt die Wohlfühl“.

Alexander Musik