Schlankheitskur pünktlich zum 21. Geburtstag

■ Die kommunalen Beratungsstellen des Sozialmedizinischen Dienstes sollen nach Plänen der CDU-Gesundheitssenatorin von zwölf auf acht reduziert werden

Kürzung statt Blumen: Den 21. Geburtstag der Sozialmedizinischen Dienste (SMD) hatten sich die Mitarbeiterinnen anders vorgestellt. 1995 waren von ehemals 23 noch zwölf der kommunalen Zentren für Familienplanung und Schwangerschafts-Konfliktberatung übriggeblieben, jetzt droht eine weitere Reduzierung auf acht Standorte. Derzeit wird im Hause von Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) eine Senatsvorlage erstellt, nach der den SMD noch 72 Stellen erhalten bleiben sollen, elf weniger als bisher.

„Wir sind dafür, lieber acht gut ausgestattete Beratungszentren zu haben als zwölf mittelprächtige“, erläutert Hübners Sprecherin Gabriele Lukas die Überlegungen auf Senatsebene. Das letzte Wort sei aber noch nicht gesprochen.

Beate Pack-Dieterich, Frau der ersten Stunde und jetzt beim SMD Wedding tätig, befürchtet durch die geplante Reduzierung schwerwiegende Auswirkungen auf die Beratungsarbeit. „Das hätte zur Folge, daß wir Ratsuchende wegschicken müssen“, vermutet die Ärztin. Sie verweist auf den hohen Beratungsbedarf in Fragen von Sexualität und Partnerschaft: 1995 hätten rund 46.000 Menschen bei den SMD Rat gesucht, vor allem Frauen aus den unteren sozialen Schichten – eine andere Klientel als etwa bei der Caritas oder beim freien Träger Pro Familia. Insgesamt 37 Einrichtungen verschiedener Träger zur Schwangerschaftskonfliktberatung gibt es in Berlin. 60 Prozent der Schwangeren, die sich zu einer Abtreibung beraten lassen, gehen zum SMD. Bei den meisten bleibt es nicht bei einem Besuch. „Mit vielen Frauen überlegen wir nach einem Abbruch, wie sie zukünftig verhüten können“, so Meyer.

In den Bezirken Kreuzberg, Neukölln und Wedding liegt der Anteil von Frauen nichtdeutscher Herkunft bei den Beratungsgesprächen laut Statistik bei annähernd 40 Prozent. „Die Hemmschwelle, zu uns zu kommen, ist geringer als in gynäkologischen Praxen, da wir keinen Krankenschein fordern“, nennt Ada Weißer als Grund. Sie arbeitet als Ärztin beim SMD Kreuzberg.

Sieben der SMD-Stellen liegen im Westteil, fünf im Ostteil der Stadt. In den einzelnen Teams der bei den Gesundheitsämtern angesiedelten Einrichtungen arbeiten Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen und Dolmetscherinnen zusammen und können so „ganzheitliche Beratung“ anbieten – „einer unserer größten Vorteile“, wie Monika Meyer, Sozialarbeiterin in der SMD-Keimzelle Kreuzberg, betont. Gerade bei Abbruch-Entscheidungen stünden hinter der vordergründigen Notlage von ungewollt Schwangeren oftmals tieferliegende psychosoziale Probleme, erläutert Pack-Dieterich, auf die individuell eingegangen werden könne.

Immerhin ein Geschenk macht der Senat den SMD zum Jubiläum: Eine Privatisierung der SMD steht nicht zur Debatte“, sagt Sprecherin Gabriele Lukas. Das Schwangerenfamilienhilfegesetz schreibe „Trägerpluralität“ vor, so daß Berlin seine kommunalen Beratungsstellen erhalten müsse. 1993 hatte die Senatsverwaltung für Inneres die Überführung der SMD in die freie Trägerschaft vorgesehen und diese Pläne bis jetzt lediglich auf Eis gelegt. Ihren Anspruch, insbesondere für sozial Schwache dazusein, sehen die Mitarbeiterinnen durch diese Zusage nun gesichert. „Als kommunale Einrichtung haben wir beispielsweise zu den Sozialämtern einen guten Draht und können Ratsuchende unbürokratisch weiterverweisen“, betont Meyer.

Heute wollen die SMD-Mitarbeiterinnen trotz der angekündigten Kürzungen feiern. „Auch, daß es uns überhaupt noch gibt“, wie Ada Weißer anmerkt. Die Schirmherrschaft für die Veranstaltung im Rathaus Charlottenburg (10 bis 15 Uhr) hat Christine Bergmann, Senatorin für Arbeit und Frauen übernommen. Monika Hinner