Keine roten Fahnen im OP

Über 500 Menschen berieten gestern in Schmidts Tivoli über eine Besetzung des Hafenkrankenhauses. „Probeliegen“ am Donnerstag  ■ Von Lisa Schönemann

Der Sonntagmorgen kann in kritischen Situationen nicht allein zum Ausschlafen dienen: Gestern haben über 500 Menschen in Schmidts Tivoli ab fünf vor zwölf über eine Betriebsbesetzung des Hafenkrankenhauses beraten. Viele UnterstützerInnen der Initiative „Ein Stadtteil steht auf – Hafenkrankenhaus bleibt“ hatten gehofft, die Solidaritätsaktion für die Traditionsklinik würde gleich nach der Veranstaltung beginnen. Doch die Versammelten begnügten sich mit einer Spontan-Demo zur Klinik am Zirkusweg – vorerst.

Wann die Betriebsbesetzung stattfinden wird, ist noch unklar. Ein entsprechendes Votum der Belegschaft für eine Aktion, die auch der gewachsenen Struktur in dem gebeutelten Stadtteil dienen würde, steht noch aus. Das unmittelbare Ziel einer Besetzung würde vor allem darin bestehen, den alltäglichen Krankenhausbetrieb trotz der geplanten Schließung über den 28. Februar hinaus aufrechtzuerhalten. „Es darf keiner mit 'ner roten Fahne durch den OP toben“, so Rechtsanwalt Manfred Getzmann, der die Initiative in rechtlichen Fragen berät.

Reibungslos soll auch der Betrieb in der Notfallambulanz funktionieren, die von den Rettungswagen angefahren wird. Ein Konzept für den Erhalt des Krankenhauses sieht außerdem Knochenoperationen und frühzeitig angesetzte Rehabilitationsmaßnahmen vor. „Wir wollen Beratungsangebote einführen, die der Gesundheitsvorsorge im Stadtteil dienen“, verriet Krankenschwester Sybille Maat gestern einen Teil dessen, was am Zirkusweg noch alles möglich ist.

Wie die 390 MitarbeiterInnen, die demnächst auf andere Kliniken verteilt werden sollen, während eines Arbeitskampfes von außen unterstützt werden könnten, soll am kommenden Donnerstag vorexerziert werden: Wiederum um fünf vor zwölf findet vorm Hafenkrankenhaus ein „Probeliegen“ statt. FreundInnen und Förderer erklären vor Ort, wie und warum sie sich an einer Besetzung beteiligen würden.

Die Stimmung unter den MitarbeiterInnen ist der Lage entsprechend gespalten: „Wir sind ganz euphorisch, daß so viele Leute gekommen sind, um uns zu unterstützen“, freute sich Krankenschwester Monika Olschewski gestern. Ein Mitglied des Personalrates hat dagegen in den vergangenen Tagen auch viele bedrückte Gesichter beobachtet. „Die Beschäftigten haben eine Menge schlucken müssen, einzelne können kaum noch schlafen“, so der Personalvertreter. Einige sehen sich bei dem angebotenen neuen Arbeitsplatz mit einer Fahrstrecke von 40 Kilometern konfrontiert. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, die Sache in die Hand zu nehmen. „Wenn wir 'rausgehen, gehen wir aufrecht.“

Die heutige Montagsdemo führt ab 17 Uhr vom Zirkusweg durch die Neustadt zum Rathausmarkt. Dort wird unter anderem „Tuten & Blasen“ aufspielen. Außerdem hat die Initiative die Geschäftsleute auf St. Pauli aufgerufen, am nächsten Samstag zwischen 19.30 und 19.45 Uhr die Außenbeleuchtung ihrer Betriebe zu löschen, um zu symbolisieren, wie finster es ohne das Hafenkrankenhaus werden könnte.