Sharif kehrt an die Macht zurück

■ Bei den Parlamentswahlen in Pakistan muß Benazir Bhutto eine vernichtende Niederlage hinnehmen. Doch Hoffnung auf Veränderung gibt es nicht. Deshalb blieben siebzig Prozent der Wähler zu Hause

Islamabad/Berlin (AFP/taz) – Seit dem Jahr 1988 lösen sich die beiden Hauptkonkurrenten in der pakistanischen Politik, Benazir Bhutto und Nawaz Sharif, nach dem Prinzip „Bäumchen, wechsle dich“ an der Spitze der Regierung gegenseitig ab. Beide wurden in der Vergangenheit wegen Amtsmißbrauchs und Korruption gefeuert, 1993 Sharif, und im November letzten Jahres Bhutto. So ist jetzt wieder Sharif am Zuge, Chef der Muslim-Liga, Industrieller und einer der reichsten Männer des Landes. Bei den Parlamentswahlen am Montag heimste er die absolute Mehrheit der Stimmen ein, wie die Wahlkommission gestern bekanntgab. Auf Koalitionspartner ist er damit nicht angewiesen und große Veränderungen stehen auch nicht ins Haus. Da auch die Wahlberechtigten keine Hoffnungen auf einen Umbruch hegten und zudem über ihre Politiker und deren Affären desillusioniert waren, blieben die meisten von ihnen zu Hause. Nur 30 Prozent gingen an die Urnen.

Vorläufigen Angaben der Wahlkommission zufolge errang die Muslim-Liga 119 der 217 Mandate in der Nationalversammlung. Bhutto und ihre Volkspartei erlitten eine herbe Niederlage: Ganze zwölf Sitze konnte sie für sich verbuchen. In der alten Nationalversammlung kamen die Muslim-Liga auf 68 und die Volkspartei auf 86 Mandate. Der dritte im Rennen, der ehemalige Kricket-Star Imran Khan, erhielt nach dem Auszählungsstand von gestern nachmittag keinen einzigen Sitz. Seine Gerechtigkeitspartei, die sich um neun Mandate beworben hatte, war erst vor einigen Monaten gegründet worden; der wegen der Absetzung der Regierung Bhutto vorgezogene Wahltermin machte den Hoffnungen Imran Khans, eine neue Massenbewegung ins Leben zu rufen, für diesmal einen Strich durch die Rechnung.

Die Mohajjir-Nationalbewegung, die die Interessen der aus Indien eingewanderten Muslime teilweise sehr militant vertritt und die Wahlen von 1993 boykottiert hatte, errang den vorläufigen Resultaten zufolge elf Mandate. Die Awami-Nationalpartei, die im Wahlkampf an der Seite der Muslim-Liga stand, kam demnach auf acht Sitze. Die Jamiat al-Islami, eine einflußreiche muslimische Partei, boykottierte die Wahlen.

In Lahore, der Heimatstadt Sharifs in der Provinz Punjab, feierten dessen Anhänger bereits am Montag abend ihren Sieg. Feuerwerkskörper erleuchteten den Himmel, Autos fuhren mit den Flaggen der Muslim-Liga hupend durch die Straßen und Menschen tanzten im Freien, als sich herausstellte, daß Bhutto im Punjab eine Niederlage erlitten hatte. In dieser Provinz leben rund sechzig Prozent der Bevölkerung Pakistans.

Sharif kündigte nach seinem Wahlsieg an, er werde sich vorrangig um die Sanierung der Wirtschaft kümmern. Der Opposition bot er die Zusammenarbeit an. Bhuttos Vorwurf des Wahlbetrugs wies er zurück. Internationale Beobachter, unter anderem die EU, stuften die Wahlen als weitgehend frei und fair an. Landesweit waren auch 250.000 Polizisten im Einsatz. Dennoch kamen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen am Wahltag acht Menschen ums Leben.

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