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■ Türkei: Das Militär droht den extremistischen IslamistenAuf dem Weg nach Algerien?

Die Türken wissen, was es heißt, im Morgengrauen mit dem Rattern von Panzern zu erwachen: Tod, Blut und Tränen. Eine Kundgebung des Islamisten Erbakan in Konya diente 1980 als Putschlegitimation. Sie wollten angeblich das Land vor der „fundamentalistischen Gefahr“ retten. Doch die Panzer haben andere überrollt und zermalmt: linke Intellektuelle, Gewerkschaftsführer, oppositionelle Kurden. Die Militärs haben nach dem Putsch der Islamisierung der Gesellschaft Vorschub geleistet. Und Erbakan ist heute Ministerpräsident.

Die „ruhmreiche türkische Armee“ – diesen feststehenden Ausdruck lernen türkische Schüler in der Schule – hat nun vorgestern den Einwohnern von Sincan gezeigt, wo der Hammer hängt. Es mag lächerlich wirken, mit 20 Leopard-Panzern in eine Kleinstadt einzurollen – doch das mindert die Bedeutung des Ereignisses nicht. Die islamistisch-konservative Regierung unter Erbakan wackelt. Parteistrategen sinnen über eine Koalition unter Ausschluß der Islamisten nach. Wer sich heute freut, daß die islamistische Wohlfahrtspartei und Erbakan eins auf den Deckel kriegen, wird zum Mittäter des repressiven Regimes.

Der reaktionäre, islamisch-extremistische „Jerusalem-Abend“, den der Bürgermeister von Sincan organisierte und von dem sich die Parteispitze der Wohlfahrtspartei ausdrücklich distanzierte, kann in einem Rechtsstaat keine Panzer rechtfertigen. Doch die Türkei ist kein Rechtsstaat. Wer meint, der Hauptkonflikt in der Türkei finde zwischen Islamisten und westlichen Kräften, inklusive des Militärs, statt, täuscht sich. Die Frage ist vielmehr, ob sich die Gesellschaft demokratisiert oder weiterhin in der politisch-rechtlichen Zwangsjacke, die die putschenden Militärs den Türken überstülpten, gefangengehalten wird. In einem Staat, dessen Armee in den kurdischen Regionen eigene Territorien bombardieren läßt, dessen Innenminister Mörder und Heroinhändler mit Polizeiausweis und Diplomatenpaß ausstattet und Oppositionelle von Todesschwadronen ermordet werden, kann es auch keine politische Auseinandersetzung mit den Islamisten geben. Die rollenden Panzer von Sincan überbringen Ministerpräsident Erbakan eine unüberhörbare Botschaft: Entweder ordnest du dich dem bestehenden Regime unter, oder du wirst gefeuert. Ömer Erzeren

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