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■ Mit Katastrophenplänen auf du und duOhne Schutz

Hannover (taz) – Der Atommüllbehälter hält dem Unfall stand – so lautet die Devise, nach der hierzulande deutsche Castor- oder britische Excellox- Behälter mit abgebrannten Brennelementen über Schienen und Straßen fahren. Katastrophenschutzpläne für Transportunfälle, bei denen der Behälter undicht und Radioaktivität freigesetzt wird, existieren nicht. Ebensowenig gibt es ferngesteuertes Spezialwerkzeug, mit dem nach einem Atomtransport-GAU die Unfallstelle aufzuräumen wäre.

Transportrisiken sieht allerdings die hannoversche Gruppe Ökologie (GÖK), die für von Castor-Transporten betroffene Kommunen bereits ein halbes Dutzend Gutachten verfaßt hat. Gerade beim Bahntransport abgebrannter Brennelemente halten die hannoverschen Wissenschaftler Unfälle mit erheblichen Freisetzungen von Radioaktivität keineswegs für ausgeschlossen. Auch die GÖK-Gutachten gehen dabei nicht davon aus, daß die Transportbehälter bei einem Aufprall schlicht zerbersten. Für höchst gefährlich halten sie allerdings Eisenbahnunglücke, bei denen es anschließend zu einem Brand kommt. Nach den Berechnungen der GÖK kann eine durch einen Aufprall bei 80 km/h vorgeschädigte Behälterdichtung bei einem Brand durchlässig werden. Durch das Feuer und die Eigenhitze der Brennelemente könnte demnach soviel radiaoaktives Cäsium und Strontium aus dem Behälter getrieben werden, daß im Umkreis von 6 Kilometern eine Evakuierung notwendig wird.

Andere Länder stellen denn auch höhere Anforderungen an Atommülltransportstrecken als die Bundesrepublik. In Italien oder auch den USA prüfen die Genehmigungsbehörden vor jedem Brennelement-Transport die Strecke detailliert auf ihre Belastbarkeit und legen auch die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit fest.

Katastrophenschutzpläne für Brennelementtransporte, die man hierzulande für überflüssig hält, fordert selbst die Internationale Atomenergiebehörde IAEO in Wien. Schließlich ist die Gefährlichkeit abgebrannter Brennelemente kaum zu überbieten. Wer direkt an einem nicht abgeschirmten abgebrannten Brennelement auch nur mit dem Auto vorbeiführe, würde anschließend an der Strahlenkrankheit sterben.

Jeder der entgleisten Behälter enthielt eine Aktivität von 2 mal 10 hoch 17 Becquerel. Ernsthafte Probleme kann deswegen auch schon ein Transportunfall bereiten, bei dem der Behälter dicht bleibt und nur die Brennelemente im Innern zerknicken und sich verkannten. Entladen könnte man ein solches havariertes Stück auch in einer Wiederaufarbeitungsanlage kaum noch. Jürgen Voges

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