Italiener müssen draußen bleiben

Die besondere Gefälligkeit der EU: Italien soll bei der Währungsunion 1999 nicht dabeisein, damit die Deutschen und Kohl im Wahlkampf 1998 keine Angst um die Mark haben müssen  ■ Aus Rom Werner Raith

Eben schickt sich Italiens Ministerpräsident Romano Prodi zum Gipfeltreffen mit Helmut Kohl an, und niemand weiß, wie man ihm klarmachen soll, daß die italienische Lira nicht zur ersten Gruppe der Euro-Währungsbündler gehören wird. Aufregung hat gestern die Financial Times verursacht. Der Ausschluß Italiens aus der ersten Stufe der Währungsunion zum 1. Januar 1999 sei in Brüssel bereits beschlossen, schrieb die Zeitung. Die EU-Finanzexperten arbeiteten an einer Übergangslösung, so daß die Durchgefallenen ihr Gesicht wahren können. Italien könne im Jahr 2000 oder 2001 nachziehen – also noch rechtzeitig, bevor die europäische Einheitswährung statt der nationalen Währungen eingeführt wird.

Das Nachzüglermodell ist laut Financial Times auf besonderen Wunsch von Helmut Kohl zustandegekommen. Im Frühjahr 1998 entscheidet die EU-Kommission, wer zu den ersten der Währungsunion gehört. Mitten im deutschen Bundestagswahlkampf also und das könnte für Kohl unangenehm werden. Nichts fürchten die Deutschen mehr, als daß ihre starke Mark durch Wackelwährungen wie die Lira aufweicht.

Prodi hat jedoch sein politisches Schicksal mit dem pünktlichen Beitritt zum Euro verbunden und will daher von alledem nichts wissen. „Was stellen die sich vor“, murrte er im Fernsehen, „wie soll ich meinen Bürgern denn die immensen Sparmaßnahmen rechtfertigen, die ich ihnen in diesem Jahr auferlegt habe?“ Zudem sei die Haushaltsbilanz der Regierung zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten nicht nur ausgeglichen, sondern im Januar sogar positiv – es gab einen Überschuß von zwei Milliarden Mark. „Alle Indikatoren weisen außerdem nach oben“, fügte Schatzminister Carlo Azeglio Ciampi hinzu.

Berater von Kanzler Kohl räumen ein, daß das Problem in sich sehr verhakt ist: Kohl habe zwar immer betont, wie wichtig es sei, daß alle Gründungsmitglieder der EWG von 1958 sofort beim Euro dabei sind. Die damaligen Vereinbarungen heißen „nicht umsonst Römische Verträge“, erinnerte Kohl noch beim EU-Gipfel in Dublin. Doch Prodi hat sich für Kohl mit wesentlich schwererem Geschütz gerüstet: Wenn er aufgrund des Zutrittsverbots, sein Amt aufgebe, werde Italien nach rechts driften und eine antieuropäische Politik beginnen. „Damit wird unser Ausschluß zum Bumerang auch für den Supereuropäer Kohl“, prophezeit Prodi. „Es wird einen Dominoeffekt geben und die gesamte Südflanke der EU wegbrechen.“ Die Bundesregierung und die EU-Kommission dementierten gestern, daß es derartige Pläne gebe.