Festanstellung garantiert

6.880 Taxen gondeln durch Berlin. Die Arbeitsplätze in dem Gewerbe sind so sicher wie nirgends sonst. Doch die Ortskundeprüfung ist hart  ■ Von Martin Kaluza

Wenn man im „Ohne Ende“ sonntag morgens um neun Jan- Dirk Buschmann im Kreise seiner Kollegen trifft, hat der Taxifahrer gerade sein erstes Bier in der Hand – sein Feierabendbier, versteht sich. Wie ein Drittel seiner Kollegen fährt er am Wochenende Nachtschicht. Danach braucht Jan- Dirk Buschmann erst mal einen Absacker.

Seit vier Jahren ist Buschmann Gelegenheitsstudent und Taxifahrer. Nach dem Abitur machte er eine Lehre als Tischler. Wegen einer Holzstauballergie mußte er jedoch gleich wieder aussteigen. So kam er zum Taxifahren. Sein Lebenslauf ist für die Branche nicht untypisch. Buschmann mag seinen Job. Vor allem weil ihm kein mißtrauischer Chef ständig über die Schulter gucken kann.

Einen sicheren Arbeitsplatz mit flexiblen Arbeitszeiten und guten Verdienstmöglichkeiten versprechen Taxischulen in ihren Anzeigen. Weil die Fluktuation groß ist, werden ständig neue Fahrer gesucht. Manche Unternehmen sollen in den vergangenen drei Jahren 60 Prozent ihrer Fahrer ausgetauscht haben. „Für viele ist das Taxifahren ein zweites Standbein, zum Beispiel im Studium. Wenn sich dann etwas Besseres ergibt, nehmen viele ihren Hut“, erläutert Buschmann.

Andere hören wegen typischer Berufskrankheiten auf, sie satteln wegen Sehnenscheidenentzündungen oder Rückenerkrankungen um. Für diejenigen, die dabeibleiben wollen, macht das die Arbeitsplätze nur sicherer.

„Es gibt keine arbeitslosen Taxifahrer“, sagt Peter Stegen, Arbeitsberater beim Arbeitsamt IV. Deshalb werden Taxischulungen für Arbeitslose vom Arbeitsamt gefördert. Pro Jahr machen rund 50 Fahrer ihren Taxischein.

Für den Personenbeförderungsschein braucht man nicht mehr als eine Bestätigung über zwei Jahre Fahrpraxis in den vergangenen fünf Jahren, eine reine Weste in Flensburg und ein makelloses Führungszeugnis. Die „Ortskundeprüfung“ ist da schon mühsamer. Und die ist in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern Pflicht. Mindestens acht bis neun Wochen dauert ein intensiver Vorbereitungskurs, realistisch sind allerdings zwölf, dreizehn Wochen. Denn die schriftliche und mündliche Abschlußprüfung ist nicht eben ein Klacks. 20 bis 30 Prozent der Kursteilnehmer fallen im Schnitt durch, wer auf eigene Faust büffelt, hat – statistisch gesehen – nur eine Fifty-fifty-Chance. In den Kursen geht es zuerst ums Lernen am Stadtplan: Wie komme ich am schnellsten wohin, an welchen Eingängen darf ich bei den Krankenhäusern vorfahren? Aber auch Infos über Funk, Taxameter und Verhalten in Konfliktfällen gehören meist zum Kursprogramm. 1.500 bis 2.000 Mark kostet so ein Kurs, wenn man ihn selbst bezahlen muß. Allerdings erlassen die Schulen Teilnehmern einen Großteil der Kosten, sofern sie mit dem Kurs einen einjährigen Arbeitsvertrag abschließen. Die Fahrer werden fast ausnahmslos in eine Festanstellung übernommen.

Trotzdem, so Arbeitsberater Stegen, sei der Taxijob nicht jedermanns Sache. Einige lassen sich von den Überfällen auf Taxifahrer abschrecken. Zudem müssen Taxifahrer Schichtarbeit und starke Einkommensschwankungen hinnehmen und körperlich fit sein. Und, fügt Jan-Dirk Buschmann hinzu, ohne ein gewisses psychologisches Talent gehe es nicht: Einerseits müsse man manchmal seine Haut retten, Aggressionen und Zahlungskonflikte früh erkennen können, „andererseits muß man manchmal Kunden helfen und mit ihnen über ihr Schicksal reden“. In der Anonymität des Taxis können Gäste und Fahrer ihr Innerstes bedenkenlos nach außen kehren.

6.880 Taxen sind derzeit in Berlin unterwegs, 3.200 davon fahren auf eigene Rechnung. Pro Jahr machen rund 800 Neulinge den Personenbeförderungsschein, das entspricht der Zahl der Ausscheider. Vor ein paar Jahren hatten viele der größeren Betriebe fast ausschließlich Studenten unter Vertrag.

„Momentan geht der Trend zu Festfahrern“, erklärt Michael Rosinke von der Kreuzberger Firma TiK. Rosinke betont den Teamaspekt der Arbeit. Ohne gegenseitiges Vertrauen gehe in dem Beruf nichts. „Wir vertrauen den Fahrern ein 50.000 Mark teures Auto an, und sie verlassen sich darauf, daß das Auto immer in einwandfreiem Zustand ist.“

Doch die Umsätze sind rückläufig. Vor allem in den flauen Sommermonaten ist es manchmal schwer, in zwölf Stunden 200 Mark Umsatz zu machen. Bei einer Beteiligung von 35 bis 37 Prozent für Festfahrer (Studenten erhalten knapp 50) kommen dann keine Spitzenlöhne zusammen.

Deshalb setzt die Branche auf neue Ideen, um sich Marktanteile jenseits der Personenfahrten zu erschließen. Neuerdings bieten Taxibetriebe Kurierdienste an oder Fahrten als Betreuungs- oder Einkaufstaxen für ältere Leute. Es gibt Frauennachttaxen und Fahrer mit Fremdsprachenkenntnissen. Rosinke: „Solche Angebote sind für uns ein wichtiges Zusatzgeschäft, das die Standzeiten reduziert.“