■ Ecuadors Präsident Bucaram vom Parlament abgesetzt
: Dummheit wird schnell bestraft

Erst waren die EcuadorianerInnen dumm genug, ihn zu wählen – jetzt war ihnen Abdalá Bucaram zu dumm, um weiter zu regieren. Nach nicht mal einem halben Jahr Regentschaft wegen „geistiger Unzurechnungsfähigkeit“ aus dem Amt gefeuert zu werden, das ist peinliche Rekordzeit. Selbst Fernando Collor de Mello, jener populistische Schönling, den die BrasilianerInnen im Dezember 1989 zum Präsidenten wählten, hat länger durchgehalten: Erst drei Jahre später entkam er nach zahlreichen Korruptionsskandalen seiner Absetzung nur durch Rücktritt. So lange mochten die EcuadorianerInnen Bucaram nicht ertragen.

Der Machtkampf allerdings, der jetzt zwischen Ecuadors Parlamentspräsident Fabian Alarcón und Vizepräsidentin Rosalia Ardeata ausgebrochen ist, erinnert daran, warum solche Figuren wie Bucaram überhaupt Wahlen gewinnen können. Die traditionelle Politikerkaste Ecuadors gilt als eine der korruptesten Lateinamerikas. Der greise Vorgänger Bucarams, der 74jährige Sixto Durán Ballén, hatte sich angesichts der politischen und wirtschaftlichen Misere nicht anders zu helfen gewußt, als Anfang 1995 den ewigen Grenzkonflikt mit Peru wieder kriegerisch eskalieren zu lassen und die patriotischen Gefühle der EcuadorianerInnen als Popularitätsspritze zu mißbrauchen. Wenig später mußte sein Vizepräsident Alberto Dahik das Land verlassen. Er hatte sich zum Vorkämpfer gegen die Korruption stilisiert – und wurde dann selbst wegen Korruptionsvorwürfen per Haftbefehl gesucht.

So glaubte die Mehrheit der WählerInnen, Abdalá Bucaram, der „Verrückte“, werde aus diesem traditionellen Klüngel ausbrechen – in den Augen der traditionellen politischen Klasse brach er hingegen ein: in ihren eigenen Macht- und Einflußbereich, als einer mehr, der sein Stück vom Kuchen beansprucht. Bucaram besetzte alle wichtigen Posten mit Angehörigen seines Clans, sahnte mehr und unverfrorener ab als alle anderen vor ihm – und wollte dann auch noch auf einen Schlag jenes wirtschaftliche Schockprogramm durchsetzen, das IWF und Weltbank schon lange forderten, an das sich seine Vorgänger aber nur zögernd herangetraut hatten. Daß er für so viel Dreistigkeit nun die Quittung bekommen hat, ist zu begrüßen. Ob die vielfältige Volksbewegung der letzten Tage aber irgendeine langfristige Veränderung im ecuadorianischen Systempoker bewirkt, ist zu bezweifeln. Bernd Pickert