Bucaram: Don't cry for me, Ecuador

Ecuadors Präsident wurde vom Parlament abgesetzt. Jetzt tobt der Machtkampf um die Nachfolge  ■ Aus Lima Ingo Malcher

Zum ersten und vermutlich auch letzten Mal hat Abdalá Bucaram im Carondelet-Palast in Quito genächtigt, dem Sitz des ecuadorianischen Präsidenten. Am Donnerstag abend beschloß das Parlament mit 44 gegen 34 Stimmen, den 44jährigen Präsidenten wegen „Unzurechnungsfähigkeit“ abzusetzen.

Es hat Bucaram nie in den Palast gezogen, er zog es vor, von der Suite des teuersten Hotels der Stadt aus zu regieren oder in seinem Privathaus in der Stadt Guayaquil zu residieren. Journalisten berichten, es sei das am geschmacklosesten möblierte Haus des Landes. Doch als Bucaram in der Nacht zum Dienstag in die Hauptstadt zurückkam, bot der Regierungspalast die meiste Sicherheit. In der Stadt demonstrieren die Bewohner bereits seit Wochen gegen die Politik des Präsidenten. Mehr als zwei Millionen Menschen waren am Mittwoch und Donnerstag im ganzen Land auf der Straße gewesen, um in einem Generalstreik und bei Demonstrationen die Absetzung des Präsidenten zu fordern. Am Donnerstag, als die Entlassung Bucarams bekannt wurde, zogen Karawanen von hupenden Autos durch die Hauptstadt Quito. Auf den Straßen feierten die Menschen den Abgang des „Verrückten“.

Abdalá Bucaram spielte mit seinem Image. „El Loco“ – der Verrückte“ – nannte er sich selbst ironisch. Jetzt haben ihn seine eigenen Späße eingeholt: Bucaram reagierte wütend auf seine Absetzung, nannte den Vorgang „einen Coup des Kongresses“, den er nicht anerkenne. Er betonte, er sei der einzige Präsident, den die Bevölkerung gewählt habe. Bereits zuvor hatte er in einer Fernsehansprache angekündigt, alle legalen Möglichkeiten ausschöpfen zu wollen, um an der Macht zu bleiben. „Wir befinden uns an der Schwelle zu einer sehr gefährlichen Konfrontation“, warnte er seine Landsleute, und rief die Armee auf, das Parlamentsvotum zu ignorieren und für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Er vertraue darauf, daß die Streitkräfte die demokratischen Prinzipien der Verfassung respektierten. Der Oppositionspolitiker Cesar Verduga schoß zurück und nannte Bucarams Worte eine „totalitäre Drohung“.

Die Armeespitze lehnte es gestern früh jedoch ab, in die politische Krise einzugreifen. Der Chef des gemeinsamen Kommandos der Streitkräfte, General Paco Moncayo, sagte, er erkenne die ungewöhnliche Lage an, daß es derzeit „drei Präsidenten“ gebe. Sobald klar sei, wer davon nach der Verfassung rechtmäßig sei, werde die Armee diesen unterstützen.

Als Ersatz für Bucaram vereidigte der Kongreß den Parlamentspräsidenten Fabian Alarcón als Interimspräsidenten. Doch hat sich auch die bisherige Vizepräsidentin Rosalia Arteaga per Dekret zur Präsidentin erklärt.