Uni und Wirtschaft „im Schrittrhythmus“

■ Wieder ein Stiftungsprofessor in Bremen / Bremen vom „Stiftungsverband“ der deutschen Wirtschaft spitzenmäßig gefördert

in Stiftungsprofessor ist ein Professor, der nicht vom Staat, sondern von der Wirtschaft bezahlt wird. Der Stiftungsprofessor geht mit seinem Geldgeber nicht so gern hausieren, man könnte ja auf die Idee kommen, daß Privatknete weniger frei macht als Staatsknete. Eine Uni aber bzw. eine Universitätsstadt, die viele Stiftungsprofessoren beherbergt, ist stolz. Bremen ist stolz, denn die Stiftungsprofessorendichte ist hier vergleichsweise hoch: Fünf solcher Professuren gibt es im Lande Bremen. Und jetzt ist sogar noch eine hinzugekommen: Am Donnerstag wurde zwischen dem Land und dem „Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft“ eine Stiftungsgastprofessur bei den Wirtschaftswissenschaften verabredet. Schwerpunkt: internationales Management / internationales Marketing. Die Stelle ist für einen ausländischen Bewerber (oder sogar eine Bewerberin?) gedacht, der in französischer oder englischer Sprache lehren wird.

Ein Professor kostet incl. Ausstattung 300.000 Mark pro Jahr. Das zahlt nicht mal Beck & Co. aus der Portokasse. Ein „Mercedes-Professor“ wie in Stuttgart oder ein „Schering-Professor“ wie in Berlin sind die Ausnahme. In Bremen schmeißen insgesamt 200 Firmen als „Stifter“ zusammen. Dem Landeskuratorium Bremen des Stifterverbandes gehören Herren von Mercedes, Lürssen, Kraft Jacobs Suchard (und sogar noch von Vulkan) an. Sowie praktischerweise Rektor Timm von der Uni Bremen.

Der Stifterverband hat seinen Sitz in Essen und viele Drähte nach Bonn. Er wird freundlich unterstützt von allem, was in Bonn Rang und Namen und Bodyguards hat, z.B. BDI-Henkel, BDA-Murmann, DIH-Stihl, Bundespräsi Herzog usw. usf. Man verwaltet einen Etat von 122 Millionen Mark. Zehn Prozent der Kosten einer Stiftungsprofessur trägt der Verband, der Rest wird lokal eingeworben (und als gemeinnützig von den Steuern abgesetzt). Bei diesen Fördermitteln handelt es sich eigentlich um Starthilfe: Geld gibt es für drei bis maximal zehn Jahre, dann muß der Staat weiterfinanzieren. Der Einfluß der Wirtschaftsstifter auf die Freiheit der Wissenschaften reduziert sich offiziell auf einen Stiftungsgesandten in der Berufungskommission und regelmäßige Qualitätskontrollen der finanzierten Professoren, die Berichte verfertigen müssen. (Der Staat verschont seine Hochschullehrer mit solcherlei Zumutungen.)

Der Stifterverband rührt in vielen Suppen. Er setzt sich nachdrücklich für die Einführung von Studiengebühren ein (sozialverträglich, versteht sich). Er kritisiert die in Deutschland möglichen Abschlüsse, mit denen man im Ausland nichts wird. Er arbeitet an der Beseitigung von „Forschungshemmnissen“, die auch Hemmnisse für die Wirtschaft sein können, Lieblingsbeispiel: Gentechnologie.

Die fünf Bremer Stiftungsprofessoren sind: Norbert Räbiger (Recycling); Herbert Kopfer (Mathematische Grundlagen der Logistik); Georg Gratwohl (Keramische Werkstoffe); Rainer Dammer (Fertigungstechnik an der Hochschule Bremerhaven) sowie ein noch nicht Berufener für mittelständisches Controlling ebenfalls in Bremerhaven.

Es gibt zwar Ausnahmen – gefördert wird auch mal Islamische Kunst, Evangelische Theologie oder Nordische Geschichte – aber in der Regel gilt doch, was der Leiter des Landeskuratoriums Bremen, Josef „Beck's“ Hattig, mit Blick auf das wissenschaftliche Schaffen fordert: „Zum Schluß muß es auch marktnütz-lich sein.“ Ein Ansinnen, für das man ihn vor 20 Jahren vom Campus gejagt hätte. Doch hochzufrieden darf Stifter Hattig heute feststellen: „In Bremen gehen Wirtschaft und Universität im Schrittryhthmus“. BuS