Selbstmord mit gefesselten Händen?

■ Zweifel an der Version der spanischen Behörden, ein mutmaßliches ETA-Mitglied habe sich in Haft selbst erhängt

Madrid (taz) – Alles schien so einfach: Das mutmaßliche ETA- Mitglied José Maria Aranzamendi Arburu (41) hatte sich am späten Freitagnachmittag in seiner Zelle im Gefängnis Alcalá Meco das Leben genommen, in dem er sich mittels eines Schals am Gitter eines Belüftungsschachts erhängte. Ein Abschiedsbrief, den die Wachbeamten neben dem Toten gefunden haben wollen, und einige Arztbesuche des Verstorbenen wegen depressiver Anfälle rundeten die offizielle Version ab – nur ein kleines Detail fehlte. Der Leichnam hatte die Augen verbunden und war an Händen und Füßen gefesselt, enthüllten die Anwälte von Aranzamendi zwei Tage nach dessen Tod gegenüber der linksnationalistischen baskischen Tageszeitung Egin. „Dieser Aspekt wurde in der Presseerklärung nicht erwähnt, genauso wie dort keine Aussage über die Kleidung des Gefangenen gemacht wurden“, verteidigte sich der für den Strafvollzug zuständige Staatssekretär Angel Yuste kurz darauf. Am Selbstmord würde das nicht rütteln, denn Selbstfesselungen würden bei Menschen „mit dem aufrechten Willen, sich das Leben zu nehmen“, immer wieder vorkommen, um sich selbst jede Möglichkeit zu nehmen, es sich im allerletzten Augenblick noch einmal anders zu überlegen, hebt Yuste hervor. Durchaus nachvollziehbar, wäre da nicht ein weiteres Detail, was nicht passen will. Die Hände von Aranzamendi waren mit einem Halstuch auf den Rücken gebunden – da ist es schwer, sich noch weiter zu fesseln und sich selbst zu erhängen. Die beiden Anwälte des Gefangenen hatten sich an die Presse gewandt, nachdem weder sie noch ein von der Familie des Toten hinzugezogener Arzt bei der Autopsie vorgelassen wurden. Die Angehörigen zweifeln deshalb das offizielle Ergebnis an, nach dem „am Leichnam keine Spuren von Gewalteinwirkung gefunden wurden“.

José Maria Aranzamendi saß seit 1995 wegen mutmaßlicher ETA-Mitgliedschaft in U-Haft. Nach seiner Verhaftung wurde er nach eigenen Angaben schwer gefoltert. Im vergangenen Jahr wurde er auf der Liste des linksnationalistischen Wahlbündnisses Herri Batasuna in den Gemeinderat seines Geburtsortes Elorrio gewählt. In dieser Funktion sah er seinen Heimatort zum letzten Mal, als er im Juni 1996 unter starker polizeilicher Bewachung an der konstituierenden Versammlung des Gemeinderates teilnahm.

Die baskisch-nationalistische PNV forderte inzwischen, Spaniens Innenminister Jaime Mayor Oreja solle im Parlament zu dem Fall Stellung nehmen. Reiner Wandler