Fall Simon: Ultimatum an Diepgen

■ Parlamentspräsident Haase verlangt rechtliche Klärung

Der Regierende Bürgermeister muß sich heute mit einem offenen Brief des Parlamentspräsidenten beschäftigen. Darin fordert Herwig Haase Eberhard Diepgen auf, den Fall des CDU-Abgeordneten Simon bis Ende des Monats zu klären und in Übereinstimmung mit dem Gesetz zu bringen. Mit Zustimmung des Abgeordnetenhauspräsidiums reagiert Haase damit auf den Versuch Diepgens, sich in der Frage der widerrechtlichen Doppelfunktion des Abgeordneten aus der politischen Verantwortung zu ziehen. In dem Brief verlangt Haase, Diepgen solle „dem Willen des Abgeordnetenhauses Rechnung tragen“ und „dem Gesetz Geltung verschaffen“.

Heinz-Viktor Simon ist Vorstandsmitglied des städtischen Wohnungsunternehmens Gehag und zugleich Mitglied des Parlaments. Diese Doppelfunktion verstößt gegen das Berliner Wahlgesetz: Darin ist festgelegt, daß Mitglieder des Abgeordnetenhauses bei Antritt ihres Mandats nicht mehr im Vorstand von Unternehmen mit Landesbeteiligung sein dürfen. Simon lehnt es bis heute ab, sein Mandat niederzulegen oder von seinem Vorstandsposten zurückzutreten. Gegen eine Weisung des senatsdominierten Aufsichtsrats der Gehag, daß Simon künftig die Gehag bei keinen „bedeutenden Rechtsgeschäften“ vertreten solle, klagt Simon derzeit vor dem Landgericht. Auf dieses schwebende Verfahren hatte sich auch Diepgen bezogen, als ihn Haase schon einmal aufforderte, dafür zu sorgen, daß Simon aus dem Gehag-Vorstand abberufen werde. Deshalb sehe er keine Möglichkeit, etwas zu tun.

Wenn Diepgen jetzt nicht handelt, gäbe es noch einen letzten Weg, um den Schaden für das Parlament abzuwenden, meint Claudia Hämmerling, bündnisgrünes Mitglied des Präsidiums: „Man könnte den Regierenden Bürgermeister abwählen.“ Barbara Junge