: 140 Millionen für eine sinnlose U-Bahn
■ Im März beginnt das 140-Millionen-Projekt zur Verlängerung der U2 zum S-Bahnhof Pankow. BVG sieht kaum Bedarf für den Neubau, Grüne befürchten dadurch das Aus für Straßenbahn-Finanzierung
Die Verkehrsverwaltung trifft letzte Vorbereitungen, um 140 Millionen Mark zu vergraben. Im März sollen die Bauarbeiten an der Verlängerung der U2 von der Vinetastraße zum S-Bahnhof Pankow beginnen. Den Nutzen für das 400 Meter lange Tunnelstück sieht die BVG jedoch nicht ein: Die teure Strecke habe „verkehrlich geringe Bedeutung“, weil Straßenbahnlinien den Verkehr schneller und billiger abwickeln.
In der Haushaltsvorlage der Verkehrsverwaltung ist die „Maßnahme 4“ mit 126 Millionen Mark veranschlagt, doch die Planer gehen von 140 Millionen aus. 1997 sind für das Projekt 10 Millionen vorgesehen. Mit der Anbindung der U-Bahn an den S-Bahnhof Pankow solle eine Lücke im öffentlichen Nahverkehr geschlossen werden, meint Fritz Herbst von der Verkehrsverwaltung. Außerdem sei man an die Koalitionsvereinbarung gebunden, wo die Planungen für die Verlängerung der U2 festgeschrieben sind. Man müsse eben „Prioritäten setzen“.
Das hat die BVG ihrerseits getan. In ihrem Konzept „Wege für Berlin“ von 1995 fällt die BVG über das Projekt ein vernichtendes Urteil: „Verkehrlich geringe Bedeutung“. Die U-Bahn werde nur „gering belastet, weil die parallele Tram deutlich stärker belastet ist“. Die Tram aber sei notwendig zur „Feinerschließung und der Erschließung der Neubaustandorte im Nord-Ost-Raum.“ Auch die Fahrgastprognosen der BVG sprechen deutlich gegen das Projekt: Nur 9.000 Fahrgäste pro Tag sieht die BVG für den Endabschnitt der U-Bahn voraus: „Zum Vergleich dazu die parallele Tram: 50.000 Fahrgäste“.
Der Weiterbau der U2 ist eine Altlast: Noch zu DDR-Zeiten war das erste Stück Tunnel hinter der Vinetastraße gebaut worden. Aus der Verkehrsverwaltung und aus dem Parlament heißt es, die Pankower Abgeordneten hätten großen Druck gemacht. Der Tenor sei gewesen, „wir im Osten wollen auch mal was haben“.
Dieses Projekt werde nur Fahrgäste von der Tram abziehen, schimpft der bündnisgrüne Verkehrsexperte Michael Cramer. „Das unwichtigste Schienenprojekt hat für Verkehrssenator Klemann höchste Priorität.“ Cramer befürchtet auch bei den Finanzen eine Konkurrenz zwischen U-Bahn und Tram: Die Verkehrsverwaltung verplane mehr Geld als vorhanden. Da es keine mittelfristige Finanzplanung mit klaren Prioritäten gebe, werde das einmal anfinanzierte Projekt dann auch durchgezogen, fürchtet Cramer. „Die U2 wird soviel Geld binden, daß die viel billigeren Straßenbahnneubauten gekippt werden.“
Das soll nicht passieren, sagt die verkehrspolitische Sprecherin der SPD, Käthe Zillbach. Die Verkehrsverwaltung habe zugesichert, daß das Geld für alle Baumaßnahmen gesichert sei. Wenn nun allerdings die Finanzsenatorin weiter an den Investitionen streiche, müsse man die U2 in Frage stellen. „Wir werden aufpassen, daß nicht nur die U-Bahn finanziert wird.“ Bernhard Pötter
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