■ Selbstverständlich kommt die Debattenwoche auf der Wahrheit auch am Krieg der Geschlechter nicht vorbei. Sollen Männer und Frauen wirklich alles teilen, gleiche Rechte auf alles haben und beanspruchen, oder, anders ausgedrückt:
: Dürfen Män

Pro

Um eines klarzustellen: Hier soll nicht die heilige, durchaus sinnvolle Trennung zwischen Damen- und Herrentoilette heruntergespült werden. Aber es gibt durchaus legitime Ausnahmen von der Regel: bei Kurzsichtigkeit und wenn man deshalb das Schild verwechselt. Wenn das Herrenklo notorisch besetzt ist. Oder – ja, auch Männer sind empfindende Wesen – einfach in ekelhafter Weise angeschissen. Und welcher Mann kennt sie nicht, die folgende eklatante Verletzung des Grundgesetzes, Art. 32, Abs. 2? „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, heißt es da, und eben hat man diesem Grundsatz im Tischgespräch mit der Dame noch höflich und ehrlich beigepflichtet, da drängt einen die Natur in den Seitentrakt des italienischen Restaurants. Und wovor steht Mann? Vor einem mit reichlich Schnörkeln verzierten Saloneingang, an welchem der Hinweis „Damen“ prangt. Daneben ein schäbiges Schild, ein Pfeil, auf den jemand achtlos mit dickem Filzstift das Wort „Männer“ gekritzelt hat. Dem lieblosen Hinweis folgend, findet sich der Mann bald in einem verzweigten Kellersystem wieder. Ratten kreuzen seinen Weg, vielleicht einmal ein anderer Suchender. Nein, so etwas darf nicht sein.

Es sei hier auch vermerkt, daß Frauen durchaus Vorteile aus dem Besuch eines Mannes auf ihrer Toilette ziehen können. Wie oft klagen die Damen über die frostige Atmosphäre in weiblichen Waschräumen: Jede will die schönste der Ballnacht sein, und deswegen werden Konkurrentinnen vor dem Spiegel verächtlich gemustert und/ oder angerempelt, Lippenstifte abgebrochen, Gesichter zerkratzt. Könnte nicht ein plötzlich auftauchender Kavalier diese unangenehme Situation nachhaltig entschärfen? Entweder nämlich bündeln die Frauen in einem solchen Fall ihre Aggression auf den Eindringling, oder sie sind angenehm überrascht ob der adretten Erscheinung und der überschwenglichen Komplimente des Falschläufers – so oder so, sie vergessen darüber kurzzeitig ihren Zwist. Sollte frau nicht auch jenem bedauernswerten scheidungsgeschädigten Manne Einlaß gewähren, der allein in der Damentoilette ein familiäres Ambiente vorfindet? Seine Frau hat ihn mitsamt der Kinder verlassen, nur hier kann er noch am Familien- und Intimleben anderer teilhaben: Kleinkinder werden gewickelt, Frauen sprühen sich Spray ins Haar, er zerdrückt in Erinnerung an das eigenen Glück eine Träne der Rührung. Wer wollte ihm diese Freude nehmen?

Die Frauen, die hier ein Einsehen haben, sind selbstverständlich herzlich geladen, im Bedarfsfall die Männertoilette zu besuchen. Hier ergibt sich allerdings ein kleines Problem – und ein neues Argument für den männlichen Damenklobesuch. Denn Frauen und Männer sind zwar gleichberechtigt – gleich sind sie deswegen (in vieler Hinsicht: zum Glück) nicht. So weisen Männer eine volle Damenklokompatibilität durch ihre Kompetenz zum flexiblen Urinieren auf – Frauen jedoch stehen einigen Gerätschaften im Herrenabteil ratlos gegenüber. Kurz: Es kann der Frau mit einem Pissoir nicht geholfen werden. Und das ist ein anderes Thema. Stefan Kuzmany

Contra

Daß die Pro-Argumentation von einem Mann kommt, ist typisch. Schließlich liegt es in seiner Natur, Terrain erobern zu wollen (Kolumbus) und friedliches Miteinander zu zerstören (Dschingis Khan). Männer können es einfach nicht ertragen, wenn mal etwas ohne sie läuft. Ihr Bestreben, ihre Glieder in alles reinzustecken, geht so weit, daß nun auch noch das einzige gesellschaftlich anerkannte, rein weibliche Refugium ihrem Drang weichen soll. Wir sagen NEIN!

Jede, die einen Vater hatte oder mit WG-Heten ihr Glück suchte, kennt den feinen Unterschied beim Toilettengang: Männer kacken lauter, langsamer, stinkiger. Manche von ihnen stöhnen dabei wie beim geschlechtlichen Höhepunkt – oder war das umgekehrt? Andere verbrauchen immer das gesamte Toilettenpapier.

Männer haben keine Klokultur. Sie pissen im Stehen und meistens daneben. Sie verhalten sich so, als seien sie ihr Leben lang fünf Jahre alt und als warte Mutti vor der Toilettentür, ihre Überreste zu entfernen. Wir sagen NEIN! Wir haben keine Lust, unsere schönen Klos, denen häufig die Beleuchtung fehlt, die so eng sind, daß es kaum möglich ist, die Hose runterzulassen, frau aber zwangsläufig zielgerecht über dem Becken hängt, von euch ruinieren zu lassen. Geschweige denn die Atmosphäre.

Womit wir gleich beim eigentlichen Thema sind. Denn der Verdacht liegt nahe, daß es weniger die dringende Notwendigkeit ist, die sie auf unseren Abort lockt, als vielmehr unser wildes Treiben vor Ort. Wie sich zu ihnen durchgesprochen haben sollte, haben Frauen auf der Toilette viel Spaß. Hier scheint es von Natur aus lustiger zuzugehen als auf den öden Herrenlöchern. Während Kerle beim reihenmäßigen Stehenpinkeln angstvoll auf den Hahn des Nachbarn äugen, den Kumpel nicht darauf hinweisen, daß er sich die hellbraunen Wildlederschuhe vollspritzt, und aus Sozialzwang heraus so tun, als würden sie sich die Hände waschen, machen Frauen den Toilettenbesuch zum Fest. Da wird sich zum Intimpiercing-Vorzeigen zu dritt in die Kabine gequetscht und gemeinschaftlich gerätselt, warum Holger so stinkt. Da werden Kämme und Lippenstifte ausgetauscht, wird in fremden Jacken nach Tampos gekramt, werden Körbchengrößen verglichen und solidarisch Tränen getrocknet.

In der männerfreien Zone wird gekreischt, gelacht, gejubelt und häufig genug das „Draußen“ vergessen. Das wollen wir nicht aufgeben. Und vor allem: wofür? Dafür, daß wir ihre Freude sehen können, wenn in einem Lokal wie Michael Graeters „Extrablatt“ Vergrößerungsspiegel über dem Pißbecken hängen? Dafür, daß wir Zeugin werden, wie aus lauter Bequemlichkeit ins Waschbecken uriniert wird, oder uns gar verantwortlich fühlen ob ihres Versuches, die Pinkelei abrupt zu unterbrechen, um die wahre Größe des kleines Mannes zu verbergen? Ganz im Ernst, der Vorschlag überrascht. Sie scheinen das Ganze doch gut im Griff zu haben. Und wenn es wirklich einmal versorgungsmäßig eng würde – warum pissen sie nicht einfach in die nächstgelegene Ecke? Das tun sie sonst doch auch. Silke Burmester