Spiel mit Gefährdungen

■ „Raumfragen“ im Meßberghof zeigt das ganze Spektrum zeitgenössischer Kunst

Wenn ein Verein für Atelierbeschaffung eine Ausstellung mit dem Titel Raumfragen organisiert, dann ist nicht alleine das allgemeine Verhaftetsein der Kunst in Dimensionen gemeint. Dieses Wortspiel verweist auf ganz akute, soziale Probleme der lokalen Künstler. Ateliers für die Kunst e.V. bemüht sich seit einigen Jahren mit redlichem Erfolg, Arbeitsräume zur Verfügung zu stellen. Mit der jetzt präsentierten Schau will man einen Einblick in die Tätigkeit der Mitglieder geben und gleichzeitig Stadt und Mäzenen signalisieren, daß es sich trotz großer musealer Spektakel lohnt, in die Kunst vor Ort zu investieren.

Die 23, von taz hamburg-Kunstchef Hajo Schiff ausgewählten Arbeiten zeigen das ganze Spektrum zeitgenössischer Kunst von Fotoarbeiten bis zur publikumsaktiven Installation. Bemerkenswert ist die durchgängig hohe Qualität. Das Vorurteil, wer nicht bekannt ist, ist eben ein schlechter Künstler, widerlegt sich hier schnell von selbst.

Mit Originalität empfehlen sich vor allem die skulpturalen Arbeiten. Wolf von Waldows Neuerfindung von Le Corbusiers „Plan voisin“ etwa, die das sture Hochhaus-Schema, mit dem der Schweizer Architekt das Zentrum von Paris ersetzen wollte, liebevoll ironisiert. Klosterzellen umwandert von einem Krippenspiel mit Bauhaus-Accessoires, gefertigt als bunte Laubsägearbeit, laden dazu ein, das Verhältnis von Größenwahn und Herzlichkeit kontemplativ zu durchschreiten. Reinhold Engberdings „Duschkabine“ mit ihrem steinernen Dornenkranz provoziert, wenn man den Kopf hindurchsteckt, ein unmittelbares Gefühl der Unsicherheit und spielt gleichzeitig symbolisch mit männlicher und weiblicher Anatomie. Und Siegfried Fuhrmanns Mb X-07-Maschine dramatisiert das Lebensgefühl des Bastlers zu einer Komödie der Irrungen.

Klaus Kienles „Tagesschau“-Schuber und Christian F. Kintz' modulare Service-Malerei geben der medialen Flüchtigkeit eine faßbare Dimension, indem sie den Akt des Wechselns von Bildern wieder als Prozeß bewußter Entscheidung gestalten. Maria Hobbings Wandarbeit mit Silikon, Folien und Naturmotiven schließlich formuliert in befremdlicher Schönheit das Thema „Verletzlichkeit“, das an vielen Stellen in dieser Ausstellung anklingt. Sei es in der baulichen Intervention von Johannes Seebass, dessen gekippte Regips-Säulen die räumliche Stabilität hinterfragen, in Jan Meyer-Rogges punktueller Konzentration der Schwerkraft mit zwei Stahlbögen, in Marlene Günthers Farbfeld-Gemälden, die in ihrer kraftvollen Ruhe die Anfälligkeit von Störung thematisieren, oder im oben erwähnten Dornenkranz: Das Spiel mit Gefährdung ist durchaus auch eine Metapher auf die unsichere Situation vieler Künstler. Till Briegleb

Täglich 12-18 Uhr, Meßberghof, bis 2. März