„Wir machen nicht die Suchthilfe-Kür“

■ Kann die Klinik Dr. Heines die Drogenstationen der Klinik Sebaldsbrück übernehmen? Interview mit Karl-Dieter Heines

In der Diskussion um die Teilauflösung der Suchtklinik Sebaldsbrück hat der Hausherr, der Ärztliche Direktor des Zentralkrankenhauses (ZKH) Ost, Peter Kruckenberg, die Überlegung von Behörde und Krankenkassen kritisiert, Sebaldsbrücker Angebote an die psychiatrische Klinik Dr. Heines (Träger ist das Christliche Sozialwerk) zu verlagern (taz vom 20.1.97). Heines mache nur die Kür, gefragt sei jedoch die Pflicht in der Suchthilfe, so Kruckenberg. Dazu Klinik-Chef Dr. Karl-Dieter Heines, Jg. 1920, der von 1960 bis 1990 auch Besitzer des jetzt gemeinnützigen Hauses war, im Interview.

taz: Sie wehren sich gegen den Stempel „Kür“?

Karl-Dieter Heines: „Kür“ klingt polemisch. Wir bieten unter anderem psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungen an, die es sonst in Bremen nicht gibt. Wir haben Stationen für Frauen mit sexuellen Mißbrauchserfahrungen, für junge Erwachsene und Ältere. Wir bieten ein volles Programm der Psychiatrie. Ausgenommen sind Krankheiten, die zu einer gerichtlichen Einweisung führen. Und selbst die hatten wir bis vor etwa 20 Jahren. Dann hieß es, das ist eine hoheitliche Aufgabe, was ja auch stimmt. Das war eine Entscheidung von Gesundheit und Justiz.

Laut Suchtkrankenhilfeplan der Gesundheitsbehörde sind Sie in Bremen nicht mehr in die psychiatrische Pflichtversorgung eingebunden.

Ganz im Gegenteil: Wir sind mit 115 Betten im Landeskrankenhausplan und haben uns über Jahrzehnte ein bundesweit anerkanntes Know-how erworben. Es gibt niemanden in Bremen, der mehr Erfahrung in der Suchtbehandlung hat, das weiß auch Kruckenberg. Unsere Klinik besteht seit 1764. Ich selbst bin seit 42 Jahren im Geschäft.

Der Landeskrankenhausplan sieht allerdings vor, Sie künftig nur noch mit 75 Betten zu fördern. Die Frage ist nun, ob es sinnvoll ist, daß Sie die Aufgaben von Sebaldsbrück übernehmen. Sie machen doch im Moment keine Entgiftungen mehr?

Auch diese haben wir früher gemacht, wir haben die Voraussetzungen dafür und könnten sie wieder durchführen.

Es hieß, Heines müßte sich zusätzlichen Aufgaben widmen oder aber aufgeben.

Das ist das Mißverständnis. Heines ist nicht existenzgefährdet. Finanziell sind wir auf die Übernahme der Sebaldsbrücker Aufgaben nicht angewiesen. Das heißt nicht, daß wir sie nicht wollten.

Gesundheitsbehörde und Krankenkassen haben bemängelt, daß von der Heines-Klinik noch kein erweitertes Suchthilfekonzept inklusive Kostenaufstellung vorgelegt wurde.

Das stimmt so nicht. Wir haben unser Konzept am 17. Januar abgegeben.

Und können Sie preiswerter sein als das ZKH-Ost?

Es fällt mir schwer, hier immer in diese Konkurrenzsituation zu geraten. Wie alle gemeinnützigen Krankenhäuser sind wir billiger als städtische Häuser. Unser Pflegesatz liegt bei 265 Mark, das ist 140 Mark billiger als in Ost.

Die vollstationäre psychiatrische Behandlung ist jedoch insgesamt rückläufig und soll noch weiter abgebaut werden. Das betrifft Sie doch auch?

Wir suchen auch eine neue Aufgabe. Es bietet sich also an, sich für Sebaldsbrück zu interessieren. Wir können es aber auch nicht aus der Welt schaffen, daß viele Leute stationären Aufenthalt wollen. Wir sind auch der Meinung, daß Betten reduziert werden können, aber es wird immer eine kernzeitstationäre Behandlung geben müssen.

Wenn das Regionalisierungskonzept mit mehr ambulanter psychiatrischer Versorgung umgesetzt wird, müssen Sie sich ja mit dem ZKH-Ost um die verbleibenden Betten streiten, auch wenn Sie es nicht wollen.

Das Dumme ist, daß wir dann im Sektor Ost zu zweit sitzen. Aber wissen Sie, warum wir mit nur 1.000 Meter Luftlinie Entfernung aneinanderkleben? 1895 wollte Bremen auch ein staatliches psychiatrisches Krankenhaus. Man sagte damals: In Oberneuland, Schevemoor und Osterholz hat die Bevölkerung schon Erfahrung mit den Irren, und gründete 1904 das Krankenhaus Ost. Fragen: Silvia Plahl