■ Kehrtwende: Die SPD entdeckt die Atomkraft wieder
: Zurück in die strahlende Zukunft

Atomare Strahlung verursacht Krebs, macht krank. Das müssen nun auch die Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands erfahren. Je näher ihre Ministerpräsidenten und Wirtschaftspolitiker den Chefs der deutschen Atomkonzerne kommen, desto schneller verwandeln sie sich in Krebse, in krepelnde, rückwärtslaufende Schalentiere. Schröder, Clement und der SPD-Wirtschaftspolitiker Schwanhold sind unterwegs in die siebziger Jahre.

Damals war die Welt noch in Ordnung. Sozialdemokratische Industriepolitiker und ein Macher als Kanzler sorgten für einen Atomboom, wie ihn das Land danach nicht wieder gesehen hat. Strahlung war Fortschritt, der Krebs kam, wenn überhaupt, erst später. Nur Müslis und Verrückte, denen man mit der Dachlatte drohen konnte, standen damals im Weg.

1986, zehn Jahre später, eroberten die Verrückten die Mehrheit in der traditionsreichen Partei. Plärrende Kinder, die wegen der Wolken aus Tschernobyl nicht auf die Spielplätze konnten, und die anschließende Trockenmilchdiät hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Wenige Monate nach dem Supergau von Tschernobyl beschlossen die Mitglieder der SPD, daß die Atomkraft grundsätzlich von Übel sei und die SPD künftig einen Ausstieg aus der gefährlichen Technologie binnen 10 Jahren anstrebt.

Das soll nun – wiederum 10 Jahre später – offenbar nicht mehr gelten. Stückchenweise nähern sich führende Sozialdemokraten ihrer Position von 1977 an. Für die Atomkraft soll es künftig wieder eine Bestandsgarantie geben. Weitere Milliarden für das strahlende Zeitalter sollen fließen können. „Alle technischen Möglichkeiten müssen ernsthaft geprüft werden“, erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher Schwanhold. Der Streit um die atomare Sicherheit ist für die Annäherung an die Union lästig geworden. Zumal die Union mit Kohlesubventionen als Zuckerbrot wirbt. Als Versuchsballon schrieben Beamte aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen den „streitfreien“ Weiter-so-Atomkraft-Konsens mit der Regierung auf. Steigt der Ballon, dann kümmert sich die Polizei um die Transporte.

Eigentlich ist nichts weiter zu sagen. Die Beamten aus Hannover und Düsseldorf haben es in dem Konsenspapier richtig (deutlich) gemacht. Gerhard Schröder und Wolfgang Clement krebsen für den Machterhalt, die Strahlenschäden in der SPD-Führungsriege sind unübersehbar. Hermann-Josef Tenhagen