Ein Mafia-„Netz" am Werk?

■ Verdacht gegen Opel und VW. Zulieferer wurden erpreßt

Frankfurt/Main (taz) – Ein schwarzes Wochenende für die Automobilindustrie: Erst wurde bekannt, daß die Kommission der Europäischen Union ein Ermittlungsverfahren gegen Mercedes und Opel eingeleitet hat, weil die beiden Hersteller den grenzüberschreitetenden Autoverkauf in der EU massiv behindert haben sollen. Und heute vermeldet der Spiegel, daß bei General Motors und VW ein mafioses „Netzwerk“ von Einkäufern existiere, das jahrelang bei Zulieferfirmen und Lieferanten Hunderte Millionen Mark abkassiert haben soll. Allein beim Bau einer neuen Lackiererei bei der VW-Tochter Skoda habe das Kartell der Handaufhalter vom Lieferanten ABB eine Provision von 20 Millionen Mark verlangt. Gezahlt habe ABB tatsächlich 18,8 Millionen Mark. Doch als ein Strohmann in der vergangenen Woche für das „Netzwerk“ die Restschuld habe eintreiben wollen, soll ABB Strafanzeige wegen versuchter Erpressung erstattet haben. Schmiergelder an das „Netzwerk“, dem auch Exmitarbeiter des inzwischen geschaßten VW-Chefeinkäufers Ignacio Lopez angehören sollen, hätten auch andere Zulieferfirmen fleißig überwiesen, um an lukrative Aufträge heranzukommen. Inzwischen, so der Spiegel, habe das US- Justizministerium Ermittlungen gegen GM aufgenommen. Und der Expolizist Dieter Langdörfer, der im Fall Reemtsma die Ermittlungen leitete, gehe im Auftrag von VW einem ungeheuerlichen Verdacht nach: War der tödliche Verkehrsunfall von Skoda-Chef Ludvik Kalma Ende November 1996 womöglich die Folge eines Anschlags? Kalma soll Hinweisen auf die Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Bau der Lackiererei nachgegangen sein.

Bei Niederlassungen von Opel und Mercedes in Deutschland wurden die Fahner im Auftrag der EU-Kommission bereits „vor einiger Zeit“ vorstellig. Beide Firmen hätten ihre Niederlassungen im In- und Ausland angewiesen, keine Fahrzeuge an „Schnäppchenjäger“ aus anderen Mitgliedstaaten der EU zu verkaufen.

Für die gängigsten Modelle existieren in der EU Preisunterschiede von bis zu 20 Prozent. Da lohnt sich der Autokauf im Nachbarland. Genau das wollten Opel und Mercedes offenbar verhindern und haben damit gegen die Bestimmungen des freien Binnenmarkts verstoßen. Klaus-Peter Klingelschmitt