Blutige Baskendemo

■ Polizei schießt auf Demonstranten: 20 Verletzte. Offiziell war es „Notwehr“

Madrid (taz) – 20 Verletzte, zwei davon durch Schüsse aus den Dienstwaffen der Polizei – so lautet die Bilanz eines Einsatzes der baskischen Autonomiepolizei Ertzaintza gegen eine von den baskischen Linksnationalisten von Herri Batasuna veranstalteten Demonstration am Samstag in Bilbao. Über 20.000 waren gekommen, um gegen die Ermittlungen gegen den Parteivorstand der Wahlkoalition wegen Unterstützung der ETA zu demonstrieren. Die Beamten hätten sich aus „einer Umzingelung“ befreit und im letzten Augenblick verhindern können, „gelyncht“ zu werden, so die offizielle Version des baskischen Innenministeriums. Augenzeugenberichte und Pressefotos legen andere Schlüsse nahe.

Fotos zeigen drei Polizisten, die sich breitbeinig neben ihrem Mannschaftswagen aufbauen und in Bauchhöhe auf die Demonstration schießen. Erst danach seien die Beamten von einer Menschenmenge umstellt worden und hätten überstürzt den Rückzug antreten müssen, erzählen Augenzeugen.

Iragi Ugalde (48), Gemeindesekretär eines kleinen baskischen Ortes, erlitt einen Steckschuß im Oberschenkel, Pedro Hernando Izkarra einen Durchschuß im Nierenbecken. Er liegt auf der Intensivstation. Ein dritter Demonstrant erlitt einen Schultertrümmerbruch, als er vom Mannschaftswagen überfahren wurde.

Die Demonstration bildeten den Auftakt einer Serie von Protesten, zu denen Herri Batasuna aufgerufen hat, nach dem seit Anfang des Monats die 25 Vorstandsmitglieder nach und nach wegen eines Wahlkampfvideos von 1996 vor das oberste spanische Gericht in Madrid geladen werden. Im verbotenen Wahlspot waren drei vermummte ETA-Mitglieder zu sehen gewesen, die der Regierung ihre Bedingungen für eine Verhandlungslösung des Basken-Konflikts darlegten. Bisher wurden 11 Vorstandsmitglieder, die der Ladung nicht Folge leisteten, inhaftiert. Eugenio Aramburu (42) nahm sich kurz vor seinem Gerichtstermin das Leben. Drei weitere HB-Politiker flüchteten nach Belgien. Reiner Wandler