Der Versuchung widerstehen

Private Krankenversicherungen locken mit billigen Einstiegstarifen. Stiftung Warentest hat die Assekuranz unter die Lupe genommen: Fast jede dritte Versicherung ist „mangelhaft“  ■ Aus Berlin Oliver Schilling

Wer nicht fragt, bleibt nicht nur dumm, sondern muß auch noch ordentlich in die Tasche greifen, denn nur jede fünfte private Krankenversicherung ist ihr Geld wert. Zu diesem Ergebnis kommt die Stiftung Warentest in ihrem am Dienstag veröffentlichten Testergebnis.

Auf dem Prüfstand standen alle bundesweit anbietenden privaten Krankenversicherer. Das Fazit: Nur fünf von 27 Unternehmen bekamen das Siegel „gut“. Neben dem Leistungsangebot nahmen die TesterInnen vor allem die Unternehmen als solche unter die Lupe, denn: Nur wer „auf soliden Füßen“ stehe, könne Preissteigerungen abfedern, so Peter Schütt, Leiter der Abteilung Finanzdienstleistungen der Stiftung Warentest.

Erst beim genauen Hinsehen wird die eigentliche Dimension des Ergebnisses deutlich: Die mit „gut“ bewerteten Anbieter (LKH, LVM, Nova, Süddeutsche und Universa) haben einen Marktanteil von gerade mal acht Prozent und sind vergleichsweise wenig bekannt. Demgegenüber machen die Markthaie im Bereich „mangelhaft“ ganze 33 Prozent aus.

Das Ergebnis hilft hauptsächlich jungen Menschen, die sich gerade nach einer privaten Kasse umschauen. Für sie gilt: Nicht von billigen Einstiegsangeboten ködern lassen und vor Vertragsschluß ordentlich erkundigen.

Für Versicherte, die bereits zehn oder mehr Jahre in eine private Kasse einzahlen, lohnt Wechsel fast nie. Zu hoch sind die Einstiegsbeiträge nach erfolgtem Wechsel. Außerdem kassiert die alte Versicherung alle von den Abtrünnigen bereits gezahlten Beiträge für „Vorsorgepolicen“. Diese werden von der überwiegenden Zahl privat Versicherter abgeschlossen, um durch eine freiwillige Beitragserhöhung in jungen Jahren den eigenen Betrag im Alter drücken zu können.

Daß in dieser Angelegenheit noch kein gesetzlicher Schutz für die WechslerInnen existiert, kreidet die Stiftung an. Da eine Änderung zugunsten der VerbraucherInnen nicht in Sicht sei, rät die Stiftung erst gar nicht zum Abschluß einer solchen Vorsorgepolice. Eine private Geldanlage sei in der Regel zuverlässiger. Wer bereits sein Gesundheitsschicksal in die Hände der Privaten gelegt hat und nicht mit der Leistung zufrieden ist, für den gibt's nur ein Trostpflaster: Versicherungsleistungen nur für den möglichen Eintritt eines absoluten Notfalls abspecken und Zusatzwünsche selbst finanzieren. Allerdings muß man seine Gesundheit dazu erst mal gut kennen, um zu wissen, mit welchen Macken am eigenen Korpus zu rechnen ist. Wer sparen möchte, hat nur noch eine Chance: viel Joggen, Müsli und Schwarzbrot.