Post light: Schalter dicht, Briefe teurer

■ Bonner Koalitionsrunde beschließt die Aufhebung des Postmonopols für Briefe von über 100 Gramm Gewicht. Die Post AG droht mit deutlichen Portoerhöhungen, Schalterschließungen und Massenentlassungen

Berlin (taz) – Postboten haben in Zukunft weniger zu tragen. Die FDP erleichterte ihnen gestern ihre Last im Postbeutel. Ab dem 1. Januar 1998 soll die Deutsche Post AG nur noch fünf Jahre lang ein Monopol auf Briefe bis 100 Gramm behalten. Alle schwereren Briefe dürfen auch private Unternehmer einsammeln und befördern. Auf diesen Kompromiß zum geplanten Postgesetz einigten sich die Fraktionsspitzen von Union und FDP. Postminister Wolfgang Bötsch (CSU) muß daraus nun einen Gesetzentwurf schreiben, den er durch Bundestag und Bundesrat bugsieren muß. Die SPD kündigte bereits ihren Widerspruch an. Die Koalition habe „einen faulen Kompromiß zu Lasten Dritter vereinbart“, sagte Hans Martin Bury, SPD-Sprecher für Post und Telekommunikation. Dadurch fielen Arbeitsplätze weg, und die Postdienstleistungen würden sich verschlechtern und verteuern.

Mit „schlimmen Konsequenzen“ rechnet auch die Deutsche Post AG. Von ihren rund 15,5 Milliarden Mark Umsatz im Jahr mit Briefen muß sie zukünftig 6,7 Milliarden an die Konkurrenz abtreten. Mit dem geplanten Postgesetz sind das noch einmal 1,2 Milliarden Mark mehr, als von Bötsch urspünglich geplant. Bis vor zwei Tagen hatte der Postminister ein Monopol über 350 Gramm und bis 5,50 Mark bis Ende 2002 gefordert.

„Damit werden Portoerhöhungen unausweichlich“, kündigte gestern schon mal die Post AG an. Zum 1. September erhöht sie ohnehin schon das Briefporto von einer Mark auf 1,10 Mark. Die Post AG glaubt außerdem, daß private Unternehmen auf dem flachen Land keine Briefe befördern werden. Sie würden nur in den lukrativen Ballungsräumen Briefe einsammeln. Es sei auch kaum vorstellbar, daß Private Briefkästen aufstellen werden. Die Post AG sieht daher die flächendeckende Infrastruktur mit kleinen Postfilialen in jedem Dorf „akut bedroht“. Von ihren ehemals 16.000 Außenposten hat die gelbe Post seit 1990 schon jetzt 4.000 geschlossen. Von den noch verbliebenen 12.000 Filialen sind auf dem Land bereits 4.000 in Lebensmittelläden oder Bäckereien untergebracht.

Die FDP – und an ihrer Spitze Wirtschaftsminister Günter Rexrodt – meint, daß durch eine Liberalisierung der gelben Post unzählige Arbeitsplätze entstehen. Außerdem würde die Briefbeförderung billiger. „Das ist Unsinn“, sagte gestern ein Sprecher der Post AG. Das immer noch zu 100 Prozent dem Bund gehörende Unternehmen komme durch eine Marktöffnung unter einen „riesigen Kosten- und Rationalisierungsdruck“. Seit 1990 hat die Post 70.000 Arbeitsplätze gestrichen. Nun seien „Tausende von Arbeitsplätzen erheblich gefährdet“. An dem bis zur Jahrtausendwende angepeilten Börsengang ändere das geplante Postgesetz nichts. Die noch vollständig dem Bund gehörende Post AG soll dann als P-Aktie zum Teil an der Börse verkauft werden. Bis dahin muß die Post aber ihren Gewinn (1996 370 Millionen Mark) an den Staat abführen. Postminister Bötsch kann das eigentlich alles egal sein. Sein Amt endet mit dem Postmonopol am 31. Dezember dieses Jahres. Dann wird auch sein Ministerium aufgelöst und zu einer Bundesbehörde degradiert. Die wird hauptsächlich dem Wirtschaftsministerium unterstellt, daß zur Zeit von FDP- Minister Günter Rexrodt verwaltet wird. Mit kleineren Teilen der Postbehörde wird sich auch der Finanzminister herumschlagen müssen. Ulrike Fokken

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