Die CSU streitet um das richtige Deutsch

■ CSU-Generalsekretär Protzner will die Rechtschreibreform kippen und zieht sich mit seinem Vorstoß den Zorn des bayerischen Kultusministers Zehetmair zu

Berlin (taz) – Der Rüffel klang, als habe ein Lehrer einen aufmüpfigen Schüler zurechtgewiesen. Es sei schon erstaunlich, daß CSU- Generalsekretär Bernd Protzner keine anderen Sorgen habe, als die Rechtschreibreform zu kippen, erboste sich gestern Bayerns Kultusminister Hans Zehetmair über seinen Parteikollegen.

Wenn es nach Protzner ginge, sollte die vor acht Monaten von den Kultusministern der Länder beschlossene Rechtschreibreform schleunigst gekippt werden. Millionen von Bürgern dürften nicht gezwungen werden, Regeln einzuhalten, die sie ablehnten. Protzners sehnlichster Wunsch: Der Vertrag mit der Schweiz und Österreich sollte aufgelöst werden.

Für seinen Vorstoß handelte sich Protzner, der auf die Unterstützung des CSU-Parteichefs Theo Waigel bauen kann, einen bemerkenswerten Verweis ein. Die Neuregelung, so Altphilologe Zehetmair, sei in allererster Linie für junge Menschen gemacht worden, zu denen der CSU-Generalsekretär „seines Wissens nicht mehr gehört“. Er erinnerte seinen Parteifreund daran, daß selbst im bayerischen Landtag die Erklärung der Kultusminister „ohne einen einzigen Einwand“ zur Kenntnis genommen wurde. Das Regelwerk, das derzeit in den allermeisten Bundesländern schon gelehrt wird und Mitte nächsten Jahres offiziell in Kraft tritt, war erst im Juli nach jahrelanger Debatte von den Kultusministern abgesegnet worden. Unter anderem wurde die Zahl der Kommaregeln von derzeit 51 auf 9 zusammengestrichen.

„Wir machen uns doch lächerlich“, kommentierte gestern ein Sprecher des NRW-Schulministeriums Protzners und Waigels Haltung. Verlage und Nachrichtenredaktionen richteten sich auf die neuen Regeln ein, eine Umkehr sei nicht mehr möglich. Bundesfinanzminister Waigel, zitierte der Sprecher die nordrhein-westfälische Schulministerin Gabriele Behler, solle sich „weniger um Rechtschreibregeln als um die Gesetze der Arithmetik kümmern“.

Der Streit innerhalb der CSU dürfte kommende Woche munter weitergehen. Generalsekretär Protzner kündigte an, das darüber auf der nächsten Sitzung des Parteivorstandes gesprochen werde. Zehetmair seinerseits gestand zwar zu, daß noch „einige Ungereimtheiten“ beseitigt werden müßten, am neuen Regelwerk selbst will der CSU-Kultusminister aber nicht mehr rütteln. Seinem Parteifreund Protzner gab er gestern einen abschließenden Rat mit auf den Weg. Ziel der Rechtschreibreform sei schließlich eine Vereinfachung der Regeln, und dies würde letzten Endes wohl auch Protzner „nützen“. Severin Weiland