■ Querspalte: Biovolt vom Badenwerk
Die Jungs vom Badenwerk sind echte Cleverle. Die älteren unter uns erinnern sich noch, wie sie uns Mitte der 70er Jahre im Kampf ums Atomkraftwerk Wyhl plötzlich den Strom abdrehten. Mitten im Fußball-Länderspiel gingen – rumpeldipumpel – die Fernseher aus. Die Frohbotschaft der Kraftwerker: So finster wird's, weil kein AKW nirgends nicht gebaut werden darf und deshalb „bei uns die Lichter ausgehen“!
Heute sind die Atomiker von damals einen Schritt weiter, haben zwei Lagen grüne Schminke aufgeschmiert und verkaufen „Ökostrom zum Sonderpreis“. Großartige Idee. Das funktioniert so: Gute Menschen, die unsere Umwelt retten wollen, können beim Badenwerk anrufen und sound soviel Ökostrom bestellen. Wird sofort geliefert. Einzige Bedingung. Der Kunde zahlt dafür freiwillig 10 Pfennig mehr pro Kilowattstunde. Reiner Solarstrom ist noch etwas teurer.
Hey, Badenwerk! Was uns jetzt natürlich brennend interessiert: Wie schafft ihr das, den Ökostrom vom versifften Normalstrom zu trennen? Werden Sonderleitungen zu allen Ökostromern gebaut (und wieder abgerissen, wenn sie aus Geldmangel auf herkömmliche Ware umsteigen)? Oder können in die Stromleitung eingelegte hypersensibilisierte Nasa- High-Tech-Detektoren zwischen Gift- und Biovolt sauber unterscheiden und den Strom entsprechend aufteilen?
Oder liefert ihr im Wechsel? Zehn Minuten Ökostrom für die Guten und dann wieder zehn Minuten für die bösen Klimakiller? Möglicherweise holt sich die Latzhose ihren Ökostrom per Mehrwegbatterie ja auch persönlich bei euch ab und steckt sie zu Hause in die Steckdose?
Wir bitten höflichst um Aufklärung und danken euch schon jetzt für die prima Umwelttat und euer Versprechen, im Gegenzug für die Mehreinnahmen die erneuerbaren Energien tatkräftig zu fördern. Noch eins, Badenwerk: Wir zahlen unsere Rechnungen natürlich nur noch mit Spareinlagen aus der Ökobank. Dafür überweisen wir 20 Prozent weniger. Gebongt? Manfred Kriener
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