Aus Hamburg vertrieben, im Stein präsent

■ Eine erste, hervorragende Dokumentation über Leben und Werk der jüdischen Architekten Block und Hochfeld

Gleich vorweg: Dieses Buch zeichnet sich nicht nur durch eine vortreffliche Gestaltung sowie die großzügige Illustrierung aus. Über die bibliophile Bewunderung hinaus spürt man die enge Verbindung des Autors zum Thema und die liebevolle Sorgfalt seiner Recherchen. Die Rede ist von der 250seitigen Dokumentation Block & Hochfeld. Die Architekten des Deutschlandhauses. Bauten und Projekte in Hamburg 1921-1938. Exil in Los Angeles. Ihr Autor: der Hamburger Architekturhistoriker und Publizist Roland Jaeger.

Es gibt in Hamburg heute nur wenige sichtbare Zeichen, die an die Tätigkeit der beiden Hamburger Architekten erinnern. Zwei Gedenktafeln immerhin: die eine am Gebäude der heutigen Hamburger Kammerspiele, dem ehemaligen Jüdischen Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße, das seit Januar 1938 den Jüdischen Kulturbund beherbergte. Die andere – natürlich – am ehemaligen „Deutschlandhaus“ am Gänsemarkt, das 1928/29 als modernes Mehrzweck-Geschäftshaus mit Europas größtem Filmtheater errichtet wurde. Eine darüber hinausgehende Erinnerung an Fritz Block (1899-1955) und Ernst Hochfeld (1890-1985) fehlte bislang.

Die Gründe nennt Roland Jaeger: „Dieser Umstand ist eng verknüpft mit der Geschichte des Staates, dessen Namen das Gebäude trägt. Sinnfällig kommt dies zum Ausdruck in einer Aufnahme vom Frühjahr 1938, die die Fassade des ,Deutschlandhauses' mit nationalsozialistischer Wahlpropaganda zeigt. Denn Hamburgs dort plakatierte Zustimmung zum ,Führer' bedeutete damals für die jüdischen Bürger der Hansestadt den schrittweisen Entzug ihrer Lebensgrundlagen. Weil sie Juden waren, wurden auch Fritz Block und Ernst Hochfeld nach 1933 durch die Nationalsozialisten zunächst an einer weiteren Ausübung ihres Berufes gehindert, schließlich in ihrer Existenz bedroht. Ende 1938 wanderten beide Architekten deshalb in die Vereinigten Staaten aus und begannen in Los Angeles ein neues Leben. Ihre Verbindung zu Hamburg war damit abgebrochen.“

Ausgehend von einer Korrespondenz, die Anfang der achtziger Jahre mit Ernst Hochfeld geführt wurde, hat sich Jaeger auf den Weg gemacht, den Lebenswegen der aus Hamburg vertriebenen Architekten nachzugehen. Sein großes Glück: In zwei Nachlässen in Schweden und Kalifornien hat er zahlreiche Entwürfe, Fotos sowie Dokumente gefunden, die die Architekten bei ihrer Flucht hatten mitnehmen können.

So birgt Roland Jaegers Buch nicht nur eine erste umfassende Werkdokumentation von Block und Hochfeld, die Grabmäler, Einzelhäuser, Wohn-, Laden- und Kulturgebäude behandelt. Es schließt auch die Biographien der beiden führenden Vertreter des „Neuen Bauens“ in Hamburg ein, die Erinnerungen Ernst Hochfelds an seine Tätigkeit in Hamburg zwischen 1921 und 1938 sowie die Aktivitäten Fritz Blocks als Photograph im amerikanischen Exil. Einen Schwerpunkt der Darstellung widmet Roland Jaeger der Planung und Realisierung des „Deutschlandhauses“, in das der Ufa-Palast integriert war. Immer wieder wurde in zeitgenössischen Zeitungsberichten vom „neuzeitlichen“ Stil der Bühne berichtet.

Roland Jaeger, der mit seiner Arbeit über Block und Hochfeld promovierte, ist es gelungen, nicht eine jener staubtrockenen akademischen Arbeiten zu präsentieren, die ein tristes Bibliotheksdasein fristen müssen. Sein sorgfältig ediertes und überaus attraktives Buch wendet sich nicht nur an an Architektur interessierte Leser. Es empfiehlt sich jedem, der einen spezifischen Teil der deutsch-jüdischen (Stadt-)Geschichte Hamburgs wiederentdecken möchte. Mehr als bedauerlich, daß die Hamburger Kulturbehörde sowie die Hamburgische Architektenkammer die Drucklegung dieses hervorragenden Buches nicht unterstützen wollten.

Wilfried Weinke

Roland Jaeger: „Block & Hochfeld. Die Architekten des Deutschlandhauses. Bauten und Projekte in Hamburg 1921-1938. Exil in Los Angeles“, Gebrüder Mann Verlag, Berlin, 247 S., 230 Abb., 148 DM