Die „Buerslüüt“ nehmen's selbst in die Hand

■ Direktvermarktung ab Hof ist im Reformstrudel / Bauernmarkt in Bremen soll im Mai starten

Nehmen wir zunächst die aktuellsten Zahlen: Zehn (von 250) Bremer landwirtschaftlichen Betrieben betreiben den Verkauf ab Hof. So die Laudatio der Bremer Landwirtschaftskammer. Nur drei von diesen bauen ökologisch an. So die Kritik der Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft (EVG). Die Bio-Möhren aus Süddeutschland kosten 49 Pfennig das Kilo (tatsächlich Bio), die aus der Bremer Öko-Kiste 1 Mark 40. So das Dilemma der kauenden BremerInnen. Alles wird besser und durchschaubarer, ist zu erfahren, fragt man in der Hansestadt nach dem Thema Direktvermarktung.

Am 2. Mai soll Bremens erster Bauernmarkt starten. Neu ist an ihm, daß nur erzeugende Betriebe, sprich Selbstvermarkter, dort ihr Brot, ihre Milch, ihren Kohl, ihre Wurst anbieten. Handelsbetriebe und Zitrusfrüchte oder Kiwis sind dort nicht erlaubt. Neu ist auch der Standort: Am Fangturm an der Schlachte, unweit der Jugendherberge. 25 LandwirtInnen aus Osterholz, Rotenburg, Diepholz, Nienburg und Verden wollen dort immer freitags für Frische und Qualität garantieren. Es fehlt das Okay vom Stadtamt („wird geprüft“), denn die Bedenken eines Anwohners, der seinen Aktionsradius bedroht sieht, blockieren die Behörde.

Es drängen jedoch Uwe Kluge, der Geschäftsführer der Großmarkt GmbH sowie der Bremer Bauernmarktverein. Beide haben die Markt-Richtlinien vertraglich bereits geregelt: Die Großmarkt-GmbH wirbt für ihren 28. Markt in der Hansestadt; der Bauernmarktverein will endlich die Früchte seines einjährigen Verhandlungsmarathons ernten. Birgit Kropp-Behrens etwa, im Vorstand des Vereins, betreibt mit ihrem Mann in Tiste bei Sittensen einen Rinderhof mit „natürlicher Tierhaltung“ und sagt: „Durch BSE war alles am Boden.“ Die Menschen seien verunsichert, die Alternative sieht Frau Kropp-Behrens in vernünftig organisierten Absatzgelegenheiten.

Direktvermarktung nur ab Hof rentiert sich nicht (mehr); die gesamte Branche ist in Gründungs- und Aktionsstimmung geraten. Die Landfrauen in Diepholz, Nienburg und Syke riefen eine Landfrauen-GmbH ins Leben, geben Adressen weiter und organisieren unter dem Stichwort „Partyservice“ den Verkauf ihrer Erzeugnisse. Der Bremer Bioprodukte-Vertrieb „Öko-Kiste“ in Borgfeld gründete mit ihren zuliefernden LandwirtInnen die Bauern-Gemeinschaft Buerslüüt. „Wir sind dann auf dem neuen Bauernmarkt mit einem Infostand“, weiß Gernot Riedl von der „Öko-Kiste“ bereits jetzt.

Denn das Defizit liegt laut Riedl nicht in der mangelnden Verbraucher-Nachfrage, sondern in der Unüberschaubarkeit des (Bio-)Marktes, der noch Zwischenstationen braucht. Im Moment verteilt Riedl rund 350 Kisten pro Woche an rund 480 Bremer Ökoprodukt-KundInnen, „mit stark steigender Tendenz“. Die Leute zahlen auch die teuren Winter-Preise und sind zufrieden, daß Blumenkohl und Broccoli in der Öko-Kiste derzeit saisonal bedingt nicht von den 30 Bio-Bauern aus der Region, sondern vom Großhandel kommt.

Auch die Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft bietet Öko-Produkte zwar in ihren vier „Bauernläden“ an, ist aber streng genommen eher ein „verlängerter Arm der Höfe“, so Jutta Draub-Ketelaar von der EVG. Möglichst kostendeckend soll dort alles über den Ladentisch gehen, man legt Wert auf eine „dauerhafte Beziehung“ zwischen KundIn und Laden: Mit 100 Mark wird man/frau MiteigentümerIn der EVG.

Die einen rufen nach Lobby und politischen Verbindlichkeiten, die anderen organisieren Messen nach Vorbildern in Österreich, wie für Bremen im November die „Direkt Markt“ für landwirtschaftliche Selbstvermarkter. Wilfried Stegmann vom Ökoring in Fallingbostel erforscht einstweilen im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums das Direkt-Vermarktungs-Verhalten in Niedersachsen und organisiert für den Sommer eine Aktionswoche für den ökologischen Landbau. „Schlagen Sie sowas mal unserer Bremer Landwirtschaftskammer vor“, so die EVG. sip