Die Kreativität eines Großmarktes

■ Der neue UFA-Palast eröffnet heute sein uncharmantes Inneres für anspruchslose Konsumenten-Massen

Machen wir es kurz: Der neue UFA-Palast am Gänsemarkt ist scheußlich, lieb- und kulturlos und hat mit seinem Pizza-Hut-Restaurant an der Frontseit eden Durchtreibe-Charme eines Hauptbahnhofs. Die Fußböden sind aus billigen Steinfließen, wie man sie aus dem sozialen Wohnungsbau kennt, die großzügige Glasfront zur Büschstraße ist mit ihren plumpen Stahlrahmen von der Qualität, die Atrien in Einkaufszentren ansteht, und die Enge des Grundstückes führt an allen Ecken und Enden zu gedrängten Raumsituationen. Die wahrnehmbaren Volumina der Kinosäle und das Kreuz und Quer der Rolltreppen vor der Glasfront führen auch nicht zu interessanten Raumbeziehungen, sondern beides vermittelt lediglich eine Atmosphäre von Effizienz, die auch alle Beteiligten bei der Presse-Präsentation am Mittwoch verströmten.

Keine schönen Materialen, kein architektonischer Einfall, keine großzügige Geste stört die plumpe Stapelung von Kinoraum. Anscheinend braucht dieser Konsumbetrieb keinerlei Lockmittel mehr, denn die Inszenierung von abendlicher Unterhaltung beschränkt sich auf blaue Farbe im Inneren und den unattraktiven Blick auf die grüne Breitseite der Gänsemarktpassage. Dagegen wirkt selbst das sehr durchschnittliche Cinemaxx am Dammtor noch wie ein legitimer Erneuerer der goldenen Zeit der Kinoarchitektur.

Die Säle selbst sind Verwertungsschachteln ohne jeden innenarchitektonischen Zugriff. Sessel, Teppiche und Wandbehänge sind alles, was von der Möglichkeit übrig ist, das „Kinoerlebnis“ aus der Leinwand herausreichen zu lassen. Mal lila, mal schwarz-rot, mal blau, bei Muster und Farbton durfte die ganze „Kreativität“ des Großmarktangebots ausgespielt werden.

Die Vorstellung in diesem Abwickelbetrieb mit Preisen bis zu 16 Mark, eingeklemmt zwischen 3.500 anderen popcorntrinkenden Mainstream-Fans, Vorfreude auf einen Kinofilm zu entwickeln, ist nahezu unmöglich. Da geht man doch lieber um die Ecke ins Metropolis und sieht sich einen Problem-Film an. Dort gibt es wenigstens einen richtigen Kinosaal, ein schön gestaltetes Foyer und ein kleines Café mit Blick in den Hof, kurz: Kino-Kultur. Till Briegleb