PatientIn im Glück?

■ Bremens Krankenhäuser proben bessere Arbeitsabläufe / Modellversuch abgeschlossen

Frau H. (eine wahre Geschichte) sollte im Mai einen Polypen in der Nasenscheidewand entfernt bekommen. Auf den Termin hatte sie ein halbes Jahr gewartet. Am Operationstag lag sie ängstlich und nüchtern von 6.30 Uhr (nach dem Wecken) bis 13 Uhr in ihrem Bett, bis sie erfuhr, daß die OP verschoben worden sei und sie wieder nach Hause gehen könne. Ob sie vielleicht nächste Woche Zeit hätte? Frau H. (67) nickte nur stumm.

Bremens kommunale Kliniken sind (endlich) verbesserungswillig. Das impliziert der Abschlußbericht zum Modellversuch „Qualitätssicherung im Krankenhaus“, der gestern von Sozialsenatorin Tine Wischer (SPD) vorgelegt wurde. In den drei zurückliegenden Jahren wurden mit 1,76 Mio. Mark vom Bundesgesundheitsministerium in den Zentralkrankenhäusern Links der Weser, St.-Jürgen-Straße, Ost und Nord die internen Arbeitsabläufe ins Visier genommen. Angestrebt werden sollte: mehr Zufriedenheit. Bei den PatientInnen, beim Krankenhauspersonal, bei den Krankenkassen, bei der Behörde, auch bei den Angehörigen. Qualitätszirkel arbeiteten, Qualitätsbeauftragte (QBs) wurden eingesetzt.

Dr. Ludwig Voet ist der QB des ZKH St.-Jürgen-Straße. Er hatte auf seiner Liste zum Beispiel die Endoskopie (für Magen-/Darmspiegelungen): „Das Problem war, die Patienten warteten zu lange auf die Untersuchung.“ Klingt banal, schien aber über Jahre unlösbar und eskalierte mit der Zunahme ambulanter Behandlungen. Nun heißen die Losungsworte „Ganzheitsbehandlung“ und „PatientInnen im Mittelpunkt“ oder betriebswirtschaftlich formuliert: der Abgleich von Ware und KundIn.

Nach einem halben Jahr war also der Qualitätszirkel Endoskopie soweit, ein neues Terminierungsverfahren einzuführen. „Die Zeit vom Erkennen der Misere bis zum Handeln war eindeutig zu lang“, sieht inzwischen auch Prof. Dr. Hans Gunschera, Ärztlicher Direktor im ZKH St.-Jürgen-Straße ein. Doch die interne Hierarchie mußte erst aufgebrochen werden. Jetzt ist klar: Das „bottom-up“ hat funktioniert – 86,6 Prozent der KrankenhausmitarbeiterInnen sind mit den Neuerungen des Modellprojekts „zufrieden“, bescheinigt das wissenschaftlich begleitende Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung.

Zufriedene Gesichter rundum bei den Protegierenden, Senatorin Wischer spricht vom „Highlight“ und betonte das überregionale Interesse. Was sagen die PatientInnen? Immer noch streiten sich in Bremen CDU und SPD um PatientInnenvertretungen als feste Position im Landeskrankenhausgesetz. „Da wollten wir nicht zusehen“, so St.-Jürgen-Chef Gunschera. Schon letztes Jahr hat St.-Jürgen eine neue Patienten- und Angehörigen-Beratungsstelle mit einer Psychologin besetzt. Nächste Woche wird sie offiziell vorgestellt.

Das Projektgeld ist verbraucht, dem Qualitätssicherungsbeauftragten Ludwig Voet wurde mittlerweile eine feste Stelle eingerichtet. Befragt nach den nächsten Vorhaben nennt er „die Weiterführung der Dokumentation und Leistungserfassung im OP“, kürzere präoperative Wartezeiten, so viele Eingriffe wie möglich ambulant. Klinik-Chef Gunschera fügt noch einen möglichst „netten Empfang in schönem Ambiente“ für die PatientInnen an. Irgendwann könnte dann der guten internen Qualität auch die – '89 gesetzlich festgelegte, aber nicht umgesetzte – „externe Qualitätssicherung“ folgen: Der direkte Vergleich mit anderen Häusern. Gunschera: „Da wäre eine Vernetzung gut: Nicht der Patient wandert, sondern das Personal.“ sip