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: Im Triebtäterland

„Alles nur Panik!?“, Dienstag, 22.15 Uhr, RTL2

Ein andeutungsreicher Titel – vor allem die Satzzeichen. Setzt hier etwa ein Magazin dem üblichen Motto „Morgens Bildzeitung, mittags Dreh, abends senden“ Sachlichkeit und Recherche entgegen? Oder heißt das nur: „Keine Panik, wir machen's genauso unreflektiert“? Leider ist die Sache viel perfider: Moderatorin Berit Schwarz geht es bloß um angetäuschte Nachdenklichkeit, damit sie um so beschwingter auf der Paranoia- Welle reiten kann. Los geht's mit wabernder Kamera und dräuendem Kommentar ins Triebtäterland. Aus Urlaubsvideos des Opfers, nachgestellten Vergewaltigungsszenen und Fahndungsfotos entsteht ein schickes „XY ungelöst“-Update, bei dem für den hinterbliebenen Freund am Ententeich nur wenig Zeit bleibt. Denn schon sitzt ein anderer Mörder im Studio und erzählt, wie der Kehlkopf knackte, wird ein trauriger Vater gefragt, ob er denn schon wieder Geburtstage feiern könne.

Keine Panik, es geht noch scheinheiliger. Schnell wird noch das Who's who der deutschen Psycho-Szene katalogisiert: „Heidemörder“, „Sado-Kürschner“, „Bestie von Beelitz“. Die sitzt in einer psychiatrischen Klinik im Brandenburgischen, in deren Vorgarten die Reporter ihre versteckte Kamera durchs Gras führen. Da kann man gut verstehen, daß die Nachbarn ihre Kinder von der Straße nehmen, wenn die Mörder Wandertag haben. Weniger, warum die Redaktion solche Mißstände mit Techno unterlegt und ständig von „auf ewig wegzusperrenden Kranken“ geifert.

„Alles nur Panik!?“ will auch in Zukunft journalistische Information über all das liefern, was Angst macht. Wäre da nicht auch ein Spezial über das Abendprogramm von RTL2 denkbar? Oliver Gehrs