■ Netzwerk der Geburtshäuser in Europa
: Gegenseitige Hilfe

Nach dem Mauerfall stieg die Zahl der Anfragen und Besuchswünsche an das Geburtshaus am Klausenerplatz derart an, daß das zehnköpfige Hebammen-Team sich langsam überfordert fühlte. Die Geschäftsführerin des US-amerikanischen Netzwerks der Geburtshäuser (NACC) riet ihnen, ein solches Netzwerk auch in Europa zu gründen. Im Juni 1993 trafen sich alle Interessierten in Halle, wo sich selbstbewußte Hebammen bereits vor der Wende zusammengefunden hatten – das Netzwerk wurde geknüpft.

Inzwischen gibt es bundesweit 34 Geburtshäuser. Wenn man europaweit alle Geburtshausinitiativen, Entbindungsheime und Geburtspraxen zusammenzählt, kommt man auf die stolze Zahl von 97. Vier Geburtshäuser stehen allein in Berlin, weitere unter anderem in Erfurt, Halle, Dresden, Hamburg, Düsseldorf, Wuppertal, Köln, Frankfurt, Fulda, Freiburg und Bamberg.

Schledehausen bei Osnabrück gilt neben Berlin-Charlottenburg als dienstältestes Geburtshaus. In der Schweiz wurden eines in Zürich und drei weitere in ländlichen Regionen gegründet. In England gibt es zwei, in Dänemark, Spanien und Österreich eins. In Frankreich betreibt eine 79jährige Hebamme ein Haus in Sarlat in der Nähe von Bordeaux, berichtet Hanne Beittel, Mitbegründerin des Netzwerks. Holland hat Geburtshäuser nicht unbedingt nötig, weil dort traditionell viele Kinder zu Hause geboren werden.

Das Netzwerk der Geburtshäuser will neuen Häusern in der Gründungsphase helfen und Lobbyarbeit gegenüber Öffentlichkeit und Behörden betreiben. Unter anderem wurde ein Fragebogen entwickelt, um die körperliche Befindlichkeit und seelische Zufriedenheit der Frauen in den Geburtshäusern festzustellen. Eine ähnliche Befragung unter rund 12.000 Müttern, die in US-Geburtshäusern geboren hatten, brachte äußerst positive Ergebnisse. Erstens war die Säuglingssterblichkeit gleich bis geringer als bei Klinikgeburten. Zweitens war die Kaiserschnittrate nur halb so hoch wie bei den Wöchnerinnen in Kliniken. Drittens fühlten sich die Frauen offenbar sehr wohl in den Geburtshäusern: 98,8 Prozent würden diese an Freundinnen empfehlen. Eine zweijährige Befragung der Klientinnen im Geburtshaus Charlottenburg erbrachte ein ähnliches, an DDR-Wahlen erinnerndes Ergebnis: 99 Prozent der Frauen würden dort wieder gebären wollen und die Einrichtung weiterempfehlen. usche

Netzwerk zur Förderung der Idee der Geburtshäuser in Europa e.V., c/o Kontakt- und Beratungsstelle des 1. Berliner Geburtshauses, Gardes-du-Corps-Str.4, 14159 Berlin.