Ein Schlag ins Wasser

■ Die EU will widersprüchliche Richtlinien zum Wasserschutz zu einer Rahmenrichtlinie vereinheitlichen

Brüssel (taz) – Was die EU- Kommission als ehrgeiziges Wasserschutzvorhaben preist, ist für die Grünen im Europaparlament eine verpaßte Chance. Der gestern in Brüssel vorgelegte Entwurf für eine Wasserrahmenrichtlinie beschreibt die Richtung der künfigen Gewässerschutzpolitik der EU. Bis zum Jahr 2010 soll eine „ökologische Wasserqualität“ Standard werden. „Doch es bleibt völlig offen“, kritisiert die Grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer, „wie ökologisch definiert wird.“

Die Qualität unseres Trinkwassers wird derzeit von rund 60 verschiedenen EU-Richtlinien beeinflußt, die sich gegenseitig teilweise widersprechen. Die Pestizidrichtlinie beispielsweise erlaubt der Landwirtschaft die Verwendung von Pflanzengiften, die es den Wasserwerken schwer machen, die Grenzwerte der Trinkwasserrichtlinie einzuhalten. Die EU-Kommission sollte deshalb ein Gesamtkonzept ausarbeiten.

Über den gestern in Brüssel vorgelegten Entwurf werden in den nächsten Monaten die Umweltminister der Mitgliedsländer und das Europaparlament entscheiden. Im Kern geht es darum, die Mitgliedsländer auf Qualitätsziele festzulegen und in der EU ein Netz von Wasserprüfstellen entlang der Flüsse und in Trinkwassergebieten aufzubauen. Doch über die zulässige Verschmutzung dürfen die Mitgliedsländer vorerst selbst entscheiden. Die Grenzwerte sollen erst in einem späteren Anhang zu einer anderen Richtlinie festgelegt werden. Ausgerechnet ein Teil der Umweltpolitik, sonst immer als Beispiel für die Notwendigkeit europäischer Regelungen hochgehalten, wird damit den nationalen Regierungen übertragen. Fortschrittlich ist immerhin, daß künftig etwa die Umweltkosten in den Wasserpreis eingerechnet werden müssen. Alois Berger