Identität und Kapitaldruck

■ Ein Aufsatzband zum Denkmalschutz in den Innenstädten

Schon ein Blick aufs Titelbild kann zeigen, worum u. a. der Streit im Inneren wogt. Denn da ist auf einem Luftbild von Hamburg noch das Millerntor-Hochhaus zu sehen. Diese Ikone der Nachkriegsmoderne konnte nicht unter Denkmalschutz gestellt werden und wurde gesprengt. Denkmalschutz für ein vierzig Jahre altes Hochhaus? Durchaus, antworten die meisten Denkmalpfleger im Gegensatz zu den meisten Stadtplanern.

1995 versammelten sich die Anwälte des baukulturellen Erbes in Hamburg zu dem Thema „Altstadt – City – Denkmalort“und umkreisten die Bedrohung der Baudenkmale dort, wo der größte Veränderungsdruck herrscht: in den Innenstädten. Die Dokumentation der dort gehaltenen Vorträge liegt jetzt vor und bietet eine reiche Materialsammlung zum Ringen zwischen Alt und Neu. Neben der Fünfziger-Jahre-Architektur standen vor allem Gründerzeitbauten und städtische Freiräume im Zentrum der Diskussion.

Natürlich bietet ein solcher Tagungsband, selbst umfassend bebildert, eine oft eher trockene und akademische Prosa. Aber das sollte niemanden davon abhalten, sich mit Neugier in die Darstellungen zu stürzen. Zum einen, weil sie eine große Menge historische Informationen zusammentragen, und zum anderen, weil sie – siehe die oben angesprochene Diskussion – durchaus überraschende Ansätze in bissigen und kämpferischen Formulierungen bieten. Nicht nur für eine bessere Kenntnis der eigenen Stadt, auch für die Beschäftigung mit anderen, hier behandelten Städten wie Berlin, Dresden, Leipzig, Wien oder Rotterdam ist das Buch eine große Verständnishilfe. tlb

224 S., 134 Abb., Christians Verlag, 39,80 Mark