Werder Bremen hat nicht verloren...

■ Fehlender Spielaufbau und mangelnde Konzentration wurde Werderanern zum Verhängnis Von Gastautor Stefan Pulss

Die guten Nachrichten zuerst: Werder hat nicht verloren. Werder ist die erfolgreichste Mannschaft der Rückrunde. Ramzy ist klasse. Und die Zuschauer haben ein spannendes Spiel gesehen.

Aber, aber, aber; spannend war das Spiel nur, weil über eine Stunde lang der Stuttgarter Ausgleich in der Luft lag. Sonst nichts, außer einem zarten Frühlingshauch. Nach Herzogs Führungstor (5.) durch einen vertretbaren Elfmeter, nach dem Ausgleich durch Bobic (10.) und nach der erneuten Führung durch Herzog (12.) war es vorbei mit Werder. Nein, noch nicht ganz, Bode hätte natürlich ein Tor machen müssen, als er in der 15. Minute alleine vor Wohlfahrt stand, nach ausgezeichneter Vorarbeit von Herzog. Er hat es nicht gemacht, und danach gab es nur noch schwäbische Überlegenheit zu sehen.

Auch wenn Ecken gemeinhin nicht sprechen können: Eckenverhältnis von 13 : 0 für die Stuttgarter spricht eine deutliche Sprache. Alleine Legat schoß im Laufe des Spiels ebenso oft aufs Tor wie die gesamte Mannschaft des SV Werder. Also – wie kommts? Es gab keinen Spielaufbau. Es mangelte nicht nur am Spiel ohne Ball, sondern auch am Spiel mit Ball. Fast alles landete beim Gegner. Alsbald schon vertrauten die Werderaner dem eigenen Aufbauspiel so wenig, daß sie es gar nicht mehr versuchten. Das Ergebnis war eine britische Spielweise ohne schnelle Spitzen. Alles in Richtung Labbadia, manchmal kam er sogar an den Ball, war dann aber meist alleingelassen, ohne Chance sich mit seiner rektalen Spielauffassung durchzusetzen. Die dritte Station war fast immer ein Stuttgarter. Das ist nicht nur unschön anzusehen, das ist auch furchtbar anstrengend. Und demotivierend. Wer läuft schon bei Ballbesitz nach vorne, wenn die Erfahrung lehrt, daß es sowieso gleich wieder rückwärts geht?

Das war viel besser bei den Stuttgartern. Nicht Balakov – den hatte Skripnik gut im Griff. Es waren Legat und Verlaat, Gilewicz und vor allem Buck, es war die ganze Mannschaft. Bei allen war man immer sicher, daß sie den Ball sinnvoll weiterspielen können. Bei Scholz und Flo, bei Schulz und Unger war man das nie. Und genau dieses Problem gibt es schon seit Monaten; auch mit Eilts, auch mit Todt. Dabei könnte sie doch fußballspielen, bei Herzog sah man es sogar häufiger, wenn er nicht; gerade wieder allzu genervt von den Fehlern seiner Nebenleute war.

Das Ausgleichstor in der 86. Minute war längst überfäIlig. Wäre es früher gefallen, hätte Stuttgart gewonnen. Würde ein Spiel länger als 90 Minuten dauern, ebenfalls. Der entscheidende Unterschied am Sonnabend: Ein Bremer spielt einen Paß' und will, daß er ankommt. Aber keiner glaubt so recht daran. Ein Stuttgarter spielt einen Paß und ist sicher, daß er ankommt. Und alle anderen Stuttgarter auch; also laufen sie, bieten sich an, und damit steigt wiederum die Chance, daß es wirklich klappt.

Vielleicht sollte man für eine Woche (keinesfalls länger!) Christoph Daum ausleihen, der nichts anderes tun müßte als sich vor die Bremer Spieler zu stellen, mit den Augen zu rollen und immer wieder zu sagen: ,,Ihr könnt es. Also macht's!“

Stefan Pulss, Moderator