CSU zerstritten wie SPD in ihrer schlechtesten Zeit

■ Krach zwischen Münchnern und Bonnern: Bayernpartei ist weiter uneins über die Finanzierung der steigenden Gesundheitskosten sowie über die Rentenreform

München (taz) – Vom einst monolithischen Auftreten der CSU ist kaum noch etwas übrig. Ihre Parlamentarier und Minister sind bei den Fragen der Gesundheits- und Rentenreform mittlerweile beinahe so uneinig wie die SPD in ihren schlechtesten Zeiten. Michael Glos, Bonner CSU-Chef, suchte gestern deshalb den „Austausch“ mit Parlamentarieren aus dem bayrischen Landtag: „Wenn man nicht in allen Fällen einer Meinung ist, muß man mindestens Verständnis für die andere Seite haben“, sagte Glos.

Alois Glück, Fraktionschef der Landtags-CSU, hielt sich vor dem Treffen mit Glos und den Bonner Kollegen nicht mit Psychojargon auf. „Ich werde deutliche Worte finden, was gefährliche Entwicklungen in der Partei betrifft“, erklärte Glück.

Bei der Mittagspressekonferenz konnten Glos und Glück allerdings keine Annäherungen in Sachfragen melden. So bleibt in der CSU umstritten, wie steigende Kosten des Gesundheitswesens zu finanzieren sind. Die Bonner Abgeordneten favorisieren höhere Arbeitnehmerbeiträge für die Krankenkassen; die Münchner Parlamentarier sprechen sich tendenziell für höhere Zuzahlungen bei den Medikamenten aus.

Der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber lehnt schließlich beide Varianten ab: Auf das Prinzip zu verzichten, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte der Kosten tragen, gefährde den sozialen Frieden, sagte Stoiber am Wochenende. Doch dieser Vorstoß wurde gestern ausgeklammert: „Kein Gegenstand weiterer Beratungen“, sagte Alois Glück. Schließlich habe die Pressestelle von Gesundheitsminister Horst Seehofer solche Äußerungen Stoibers „nicht entdecken“ können.

Daß Stoiber auch beim Thema Rentenreform den Koalitionskurs verläßt und hohe Renten keinesfalls besteuern will, wurde von den Parlamentariern gestern ebenfalls nicht diskutiert. Michael Glos stellte lediglich etwas pikiert fest, bei der Entscheidung für die Rentenbesteuerung sei „auch der bayrische Finanzminister am Tisch“ gesessen – und habe sich nicht gewehrt. Der bayrische Ministerpräsident wird sich in die aktuellen Diskussionen höchstens aus der Ferne einschalten, denn er hat Bayern für eine Südamerika-Reise verlassen. Die Entscheidung in der CSU müsse aber, so Alois Glück, innerhalb einer Woche fallen, da am Dienstag nächster Woche die Schlußberatung der Unions-Bundestagsfraktion anstehe. Felix Berth