■ Bayern will Bundesratsinitiative für Autobahn-Vignette
: Antiökologisch und ungerecht

In der Union fliegen die Fetzen wie weiland bei den Grünen. Heute pöbeln Geißler gegen Seehofer (wg. geplanter Beitragserhöhung nur für ArbeitnehmerInnen), Blüm gegen Schäuble (wg. Rentenbesteuerung) und nun auch Wiesheu gegen Wissmann: wegen Einführung einer Autobahnvignette für Pkw.

Weil dem Bundesverkehrsminister das Geld für all die versprochenen schönen Fernstraßenprojekte ausgeht, müßten eigentlich viele dieser Asphaltpläne „zeitlich gestreckt“ (Wissmann-Deutsch für „verschoben“) oder schlicht aufgegeben werden. Da will der Münchner Verkehrsminister Wiesheu seinem Bonner Kollegen auf die Sprünge helfen: Eine Vignette muß her, hat er eine bayerische Bundesratsinitiative angekündigt, das bringe drei Milliarden Mark in die Straßenbaukasse. Quatsch, viel zu aufwendig, kontert Wissmann. Er will statt dessen neue Straßenabschnitte von privaten Investoren bauen lassen und anschließend über Mautgebühren abkassieren.

Hier wird ein weiteres Mal der Verfall der Regierungsfähigkeit der KKW-Regierung (Kohl-Kinkel- Waigel) vorgeführt. Wiesheu ist nur der Büttel seines Herrn: Man schlägt den Sack und meint den Theo. Unter dem Druck der täglich größer werdenden Finanznot geht der Vorrat an christsozialen Gemeinsamkeiten schneller als gedacht zu Ende.

Maut oder Vignette – beides sind verkappte Steuererhöhungen, nur ohne ökologische Lenkungswirkung. Der Verkehr würde lediglich auf die gebührenfreien Parallelstraßen abgedrängt. Wenigerfahrer müßten für die Vignette das gleiche bezahlen wie Vielfahrer, das Verursacherprinzip würde damit auf den Kopf gestellt. Mautpflichtige Brücken und Tunnel brächten Gewinne für die privaten Betreiber, während die ökologischen Folgekosten des Autoverkehrs weiterhin der Allgemeinheit der SteuerzahlerInnen aufgeladen werden. So what? Die schlichte Alternative ist die schrittweise Erhöhung der Mineralölsteuer. Sie trifft die Kilometerfresser stärker, die Spritsparer weniger. Gerechter geht's nicht. Und sie führt auch zu einer Markteinführung des Dreiliterautos. Wenn überdies die Mehreinnahmen nicht in den Straßenbau, sondern in Bahn und Bus investiert werden, wird der ökologische Lenkungseffekt verdoppelt. Zugunsten zukunftsfähiger Arbeitsplatze. Gegen solche Einsichten ist sich die Union freilich wieder einig. Inklusive Waigel und Stoiber. Albert Schmidt

Bahnpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion