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Auf Du und Du mit Adam RieseRechenfehler beim Finanzsenator

■ Nölles Erklärung zur 40-Stunden-Woche „Quatsch“

Die Einführung der 40-Stunden-Woche für Bremer BeamtInnen stößt auf Widerstand. Die Gewerkschaft ÖTV hat am Montag den Plan als „pure Unvernuft“abqualifiziert. Nun hat sie Unterstützung bekommen. Von Adam Riese. Die taz ist dem Finanzsenator auf einen Rechenfehler gekommen.

Am Dienstag hatte der Finanzsenator nach der Sitzung des Senats eine ganz neue Rechnung aufgemacht: Der Personalhaushalt müsse stabil bleiben. Um das zu erreichen, müßten pro Jahr 725 Stellen im Öffentlichen Dienst nicht wieder besetzt werden – von 900, die Jahr für Jahr per Fluktuation freiwürden. Nun sollen BeamtInnen fortan anderthalb Stunden länger arbeiten. Damit könne der Stellenabbau auf rund 500 reduziert werden. So freute sich der Finanzsenator.

Um es gleich zu sagen: Alle Versuche, diese Berechnung nachzuvollziehen, scheitern an den Grundrechenarten. Wenn für rund 40 Prozent der Bremer Bediensteten (60 Prozent sind Arbeiter und Angestellte) die Arbeitszeit raufgesetzt wird, dann kann der Arbeitgeber, also das Land, Stellen und damit Lohnkosten einsparen und somit die Personalkosten halten. Was ja gewünscht ist. Aber nie und nimmer hat eine Arbeitszeiterhöhung den Effekt, daß damit der Stellenabbau verlangsamt wird.

Nachfrage bei der ÖTV. Möglicherweise hat ja die Gewerkschaft den Durchblick und hat schon mal die Rechenkunst nachvollziehen können. Hat sie aber auch nicht. „Das ist Quatsch“, kommentiert Bezirkssekratär Onno Dannenberg kurz und trocken. Nachfrage beim Koalitionspartner SPD. Deren Fraktionsgeschäftsführerin Karin Röpke gibt sich ganz zurückhaltend diplomatisch: „Die Logik dieser Argumentation drängt sich nicht so unmittelbar auf.“

Nachfrage beim Finanzressort. Flotte Erklärungsversuche, „also, das ist so...“, schnelles Steckenbleiben, erfolglose Klärungsversuche bei den Haushaltsexperten im Finanzressort, und dann die Antwort von Nölle-Sprecher Thomas Diehl: „Also, da ist zwischen zwei Äußerungen von Ulrich Nölle eine Verknüpfung entstanden, die da nicht hätte entstehen sollen.“Die Arbeitszeitverlängerung bringe „ein Mehr an Service“, das sei aber auch schon alles. Mit Personalkosten habe die Aktion nichts zu tun. Das Ziel, weniger Personal abzubauen als eigentlich nötig, solle über Teilzeit- und Vorruhestandsregelungen erreicht werden. Ende März will der Finanzsenator dafür einen Plan vorlegen. J.G.

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