A Rose is a Rose is a Rose

Die Menschen reagieren anders auf mich, wenn ich eine Frau bin“: Stephan alias Rose steht auf Alexis vom „Denver Clan“ und ist eine Drag Queen  ■ Von Elke Eckert

„Sometimes it's hard

to be a woman“

Tammy Wynnette:

„Stand by your man“

„Das Gefühl, eine Frau zu sein, kommt nicht, wenn ich mir eine Perücke aufsetze oder mich schminke. Es kommt, wenn ich mir hochhackige Schuhe anziehe. Dann habe ich plötzlich eine andere Haltung, innerlich und äußerlich.“ Stephan hat keine Identitätsschwierigkeiten. Eine Geschlechtsumwandlung? Nein, niemals! Es stört ihn nicht, ein Mann zu sein.

Nur hat er schon sehr früh gemerkt, daß das Machogehabe der Jungs und das ständige Reden über Sport nicht sein Ding waren. Mädchen waren ihm viel näher. Er konnte sich besser mit ihnen unterhalten, sie hatten mehr Gemeinsamkeiten, vor allem künstlerische. „Wir haben uns viel besser verstanden, wahrscheinlich weil ich ein sehr emotionaler Mensch bin.“

Als Junge war ihm die Hexe bei Schneewittchen am liebsten. Als Erwachsener findet er Alexis vom „Denver Clan“ toll. Weil sie so böse ist. Die härteren, die animalischen Frauen, das sind die, die ihn faszinieren. Aber vielleicht ist es doch nicht das Böse. Es ist mehr der Habitus, „der gewisse Auftritt“.

Als Mann wirkt Stephan sehr zart. Er hat einen zierlichen Körperbau und sehr sanfte blaue Augen, die Männer wie Frauen zum Dahinschmelzen bringen. Die blonde Perücke, das Paillettenkleid, der blaue Lidschatten und die roten Lippen machen ihn aber den bewunderten Frauen ähnlicher. Fast eine Diva. Aber dann fehlt doch das selbstgefällige Gehabe, die Eitelkeit.

Auf der Bühne kommt Stephan jedoch in Fahrt. Dann ist er Rose McGee, der alternde Star, der zusammen mit Partner Bob Schneider den Glanz vergangener Tage zurückholen möchte. In weißem Countrykleid mit roten Cowgirlstiefeln interpretiert Rose die Hits, die damals in Las Vegas das Publikum zum Toben brachten. Die Hüften schwingen, die rauchige Stimme versucht die noch kleine Fangemeinde der „Wild Roses“ zum Kochen zu bringen. Privat ist Stephan eher ein ruhiger Typ. Er wohnt mit seinem Freund und der Katze in einer Altberliner Wohnung. Im Wohnzimmer mit Original Puttengemälde an der Decke passen die dunkelroten Möbel zu den Ölbildern an der Wand. Und im Schlafzimmerschrank ist eine Ecke für Roses Kleider reserviert. Sein Freund hat mit Rose und der weiblichen Seite von Stephan kein Problem. Er berät ihn auch schon mal beim Anziehen. Allerdings gehen sie selten zusammen weg: Sein Freund ist ein eher häuslicher Typ.

Sein Coming-out als Drag Queen hatte Stephan durch einen türkischen Freund. Mit dem konnte er „stundenlang Kleider anziehen und ausprobieren“. Und der Freund ging mit „ihr“ zum erstenmal abends aus. Rose war damals zwanzig. Der türkische Freund gab ihr das Selbstbewußtsein, zu seiner weiblichen Seite zu stehen. „Ich genieße jetzt das Anderssein. Dann kann ich flirten. Die Menschen reagieren anders auf mich, wenn ich eine Frau bin. Als Stephan kriege ich nicht die Aufmerksamkeit, die ich als Rose bekomme.“

Ausgerechnet die Berliner Taxifahrer, die sich sonst nicht gerade vor Höflichkeit überschlagen, halten Rose die Türe auf und helfen ihr beim Aussteigen. Aber Stephan wundert das gar nicht so sehr. „Ich glaube, daß Männer elegante Frauen lieben. Dann erinnern sie sich auf einmal an den Gentleman, der in ihnen schlummert.“ Solche Überzeugungsarbeit hat bei Roses Freundinnen jedoch nicht viel gefruchtet.

Der Gedanke daran bringt ihn zum Lachen: „In den letzten Jahren habe ich keine einzige meiner Freundinnen zum Tragen von Stöckelschuhen, die höher als fünf Zentimeter waren, überreden können.“ Immerhin hat er einige soweit, daß sie sich hin und wieder eine Perücke oder ein Kleid von ihm ausleihen.

Spaß sollte die Verkleidung machen. So wie ihm. In einer Travestieshow im Neuköllner Theater im Keller ist Stephan zum erstenmal als Drag Queen auf der Bühne aufgetreten. Dort lernte er auch, sich zu schminken und die passenden Kleider auszuwählen. Aber das Aussehen ist für ihn nicht das Wichtigste. „Der erste Eindruck, den man hat, der optische, muß später gefüllt werden mit der Persönlichkeit. Das macht das Bild erst rund und stimmig.“ Für sich, als Rose und als Stephan, scheint er das Ideal schon erreicht zu haben, obwohl er erst Mitte zwanzig ist. „Ich bin zwar als Mann geboren, aber ich kann trotzdem Erfahrungen machen, die sonst nur Frauen haben. Für mich ist es eine Bereicherung, manchmal eine Frau zu sein.“

Heute um 23 Uhr tritt Rose mit ihrer Band im Nachtsalon der Berliner Bar jeder Vernunft, Schaperstraße 24, auf