Endlich vor Gericht

■ Der frühere SS-Sturmbannführer Karl Hass wird vor ein Militärgericht gestellt

Rom (dpa/taz) – Der ehemalige SS-Sturmbannführer Karl Hass (84) muß sich wegen Beteiligung an Geiselerschießungen im Zweiten Weltkrieg vor einem Militärgericht in Italien verantworten. Das entschied ein römischer Militärrichter gestern in einer Vorverhandlung. Der Prozeß soll am 14. April in der Bunkeraula der Haftanstalt Rebibbia eröffnet werden, wo gewöhnlich Mafia-Prozesse stattfinden. Am ersten Verhandlungstag wird voraussichtlich auch über eine Zusammenlegung des Prozesses gegen Hass mit dem Verfahren gegen seinen früheren Kameraden Erich Priebke entschieden werden. Priebke war Ende 1996 zunächst freigesprochen worden. Wegen Befangenheit des Richters wird der Prozeß aber im April dieses Jahres wieder neu aufgerollt werden.

Hass, der gestern aus gesundheitlichen Gründen nicht vor Gericht erschienen war, hatte als Zeuge im Priebke-Prozeß vor einem Jahr zugegeben, 1944 an der Erschießung von 335 italienischen Geiseln in den Ardeatinischen Höhlen in Rom beteiligt gewesen zu sein. Er berief sich auf Befehlsnotstand. Der römische Gestapo- Chef Herbert Kappler habe allen SS-Offizieren gedroht, sie würden an die Wand gestellt, falls sie dem Befehl nicht gehorchten.

Hass, der in Rom unter Hausarrest steht, war nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst jahrzehntelang für tot gehalten worden. 1962 wurde die Suche nach ihm eingestellt, weil er als nicht auffindbar galt. Er selbst behauptet, internationale Geheimdienste hätten ihn gedeckt. In der Tat stand Hass nach dem Kriege auf der Gehaltsliste eines amerikanischen und italienischen Geheimdienstes. Nach eigenen Angaben lebte Hass lange Jahre mit seiner Frau in Mailand. Später sei er zu seiner Tochter nach Genf gezogen. Dort war er im Laufe des Priebke-Prozesses aufgespürt worden. Bei einem Fluchtversuch während des Prozesses brach sich Hass das Becken, als er von einer drei Meter hohen Hotelterrasse sprang.