Kritik an Abschiebung empört Thailands Regierung

■ Flüchtlinge der Karen-Minderheit stehen der Annäherung an Birma im Weg

Bangkok (taz) – „Die internationalen Organisationen und Menschenrechtsgruppen sollten uns nicht angreifen. Wir haben eigentlich Lob verdient.“ Diese Worte sprach Thailands stellvertretender Chef des Nationalen Sicherheitsrats (SNC) am Wochenende. Anlaß waren die Proteste, die aus aller Welt auf die thailändischen Politiker niederprasseln, seitdem Soldaten vor einigen Tagen über 900 Angehörige der birmesischen Karen-Minderheit über die Grenze zurückgetrieben haben sollen.

Amnesty international, die US- Regierung und die Europäische Kommission appellierten an Thailand, die Flüchtlinge aufzunehmen und zu schützen. Sie fürchten, die Karen könnten von der birmesischen Armee getötet oder als Lastenträger zwangsverpflichtet werden. Birmas Junta greift in einer Großoffensive derzeit die Dörfer der aufständischen Karen-National-Union (KNU) an, die für Autonomie von Rangun kämpft.

Bangkok fühlt sich von den Kritikern ungerecht behandelt, weil es seit Anfang der 80er Jahre rund 80.000 Karen eine neue Heimat geboten habe. Sie leben in über 20 Flüchtlingslagern an der Grenze. Die Erklärungen von Offizieren und Politikern sind widersprüchlich: Man habe nur Kämpfer der Karen-National-Union (KNU) abgewiesen, hieß es. Andere sprachen von 300 unbewaffneten Knaben und Männern, wieder andere von 900 Männern, Frauen, Kindern und Greisen, die „freiwillig“ nach Birma heimgekehrt seien.

Birmesische Dissidenten und thailändische Bürgerrechtler vermuten, daß hinter der Zwangsrückführung eine neue Politik steht: Bangkok opfere die Karen, um die Beziehung zur birmesischen Junta zu verbessern. Premierminister Chavalit Yongchaiyudh, seit November im Amt, pflegt enge Kontakte zu Ranguns Generälen. Beide Seiten haben ein großes Interesse an einer „befriedeten“ Grenze: Die Pipeline, die ab 1998 Erdgas aus Birma nach Thailand liefern soll, geht durch Rebellengebiet. Die Junta kontrolliert erstmals fast die ganze Grenze zu Thailand. Samstag kündigte sie an, eine Brücke über den Grenzfluß Moei bauen zu lassen. Dann können thailändische Firmen bequemer Vieh und Rohstoffe abtransportieren. Jutta Lietsch