Frankreich plädiert für kurze Sommertage

■ Juppé will die Zeitumstellung in der EU abschaffen, um die Bauern zufriedenzustellen

Brüssel (taz) – Die Franzosen wollen unseren Feierabend im Biergarten abkürzen. Premierminister Alain Juppé hat gestern seinen Verkehrsminister mit der Weisung nach Brüssel geschickt, eine Verlängerung der Sommerzeitregel zu verhindern. Die Zeitumstellung im März und im Oktober würde den Bauern das Leben erschweren und außerdem den Biorhythmus von Kindern und alten Menschen durcheinanderbringen.

Die 14 Verkehrsminister aus den anderen EU-Ländern können dieser Argumentation aber nicht ganz folgen. Die Sommerzeit, die in einigen Ländern bereits während der Ölkrise 1976 eingeführt wurde, um Energie zu sparen, sei mittlerweile von der Bevölkerung akzeptiert, meint ein Sprecher der deutschen EU-Vertretung. Seit 16 Jahren wird die Zeitumstellung durch eine EU-Verordnung geregelt, damit der internationale Bahn- und Flugverkehr seine Fahrpläne darauf aufbauen kann. Deshalb sind auch die Verkehrsminister dafür zuständig, die in diesem Jahr auslaufende Verordnung zu verlängern.

Im Grunde wäre die Sache ziemlich einfach, da die Verkehrsminister mehrheitlich dafür sind. Denn für die südlichen EU-Länder wie Griechenland oder Spanien sind die langen Abende schon deshalb wichtig, weil die Touristen mehr Geld ausgeben, wenn Museen und Restaurants länger offenbleiben können. Nur Großbritannien, immer dabei, wenn es gegen einheitliche Regelungen geht, hat eine gewisse Sympathie für Frankreich erkennen lassen. Und Finnland ist es egal, weil dort im Sommer die Sonne ohnehin länger scheint, als Finnen wachbleiben können. Doch die niederländische Regierung, die derzeit den Vorsitz im Ministerrat führt, zögert. Den Haag möchte Paris in einer so wichtigen Frage nicht in die Ecke gedrängt sehen und sucht nach einem Kompromiß. Denkbar wäre eine Verlängerung der Sommerregelung um nur drei statt vier Jahre. Für Premier Juppé scheint es um viel zu gehen. Seine überaus unpopuläre Regierung möchte nicht auch noch die letzten treuen Unterstützer verlieren: die Bauern. Französische Landwirte mögen keine Veränderungen, schon gar nicht zweimal im Jahr. Alois Berger